BRAUNFELSER DEMOKRATIE – VOM WINDE VERWEHT?

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oder: „Angst vor Bürgerentscheid – Superdemokraten gehen steil“ – ein Gastbeitrag von D. Gombel

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Braunfels, ein gesunder Luftkurort mit wunderschöner Altstadt, Märchenschloss, eine wahre Idylle und gefragte Filmkulisse soll - jedenfalls wenn es nach dem Willen der Mehrzahl der Stadtverordneten geht - lieber heute als morgen Standort für 5 ca. 300m hohe Windindustrieanlagen werden. Hinter dem Schloss, mitten im Buchenwald in direkter Nachbarschaft zu Bio-Bauernhof, Reithalle und Mineralwasserbrunnen.

Nein, der Strom kommt nicht aus der Steckdose. Aber es hilft auch nichts, unendlich viele Windmühlen aufzustellen, die (wenn denn der Wind weht) unendlich viel Strom produzieren, solange man ihn nicht speichern kann. Auch wenn es eine Expertin grüner Energiepolitik anders sieht, das Netz will einfach keinen Strom speichern. Deshalb ist ein weiterer Ausbau von Windkraftanlagen ohne Mehrwert für die Stromausbeute. Erst recht nicht in der Schwachwindregion Mittelhessen. Ein Mehrwert für die Einnahmen der (aktuell mehr als leeren) Stadtkasse ist es jedoch sehr wohl, denn bekanntlich fließen die Subventionen auch dann, wenn der Strom nicht fließt, bzw. aufgrund mangels Speichermöglichkeiten die Windkraftanlagen abgeschaltet werden müssen.

Die langfristigen Auswirkungen auf Natur, Gesundheit, Tierwelt, Immobilienwerte, Tourismus und die Kosten für Rückbau, Havarie etc. sind unvorhersehbar. (Weitere Infos hierzu z.B. unter vernunftkraft.de oder youtube.com/@WaldistLeben)

Auf jeden Fall ist es eine Entscheidung mit weitreichenden Folgen, die am Ende alle Bürger mittragen müssen. Eigentlich sollte es selbstverständlich sein, dass die Bürger dazu befragt werden.

Und obwohl die Parlamentarier im April 2024 zu einer Demo auf dem Braunfelser Marktplatz für die Demokratie aufgerufen hatten, scheint deren Umsetzung nicht ganz so einfach zu sein. Denn die Mehrheit der Stadtverordneten hat einen Fraktionsantrag auf einen Bürgerentscheid abgelehnt. Stattdessen wurde der Bürgermeister, der sich ebenfalls für den Erhalt des Waldes ausgesprochen hatte, von den laufenden Verhandlungen mit dem Projektierer (WPD GmbH & Co. KG) ausgeschlossen. Begründung: Der Bürgermeister hat eine vom Magistrat abweichende Meinung! (Bericht in der WNZ vom 29.10.24)

Also haben die Braunfelser Bürger kurzerhand selbst von ihrem demokratischen Recht Gebrauch gemacht und gem. HGO § 8b ein Bürgerbegehren auf den Weg gebracht. Innerhalb von 8 Wochen haben über 2000 wahlberechtigte Bürger (mehr als das Doppelte der erforderlichen Anzahl) für eine Befragung der Bürger unterschrieben.

Aber auch dieses Bürgerbegehren wurde abgelehnt. Das Verwaltungsgericht Gießen hat nun im Eilverfahren untersagt, dass der Pachtvertrag von der Stadt vorzeitig (bis zur rechtskräftigen Entscheidung) unterschrieben wird. Für viele unbegreiflich, auch dagegen hat die Stadt nun Rechtsmittel eingelegt. Ob es den dafür verantwortlichen Bürgervertretern bewusst ist, dass sie letzten Endes gegen die Demokratie, gegen ihre Bürger klagen?

Grundsätzlich handeln die gewählten Volksvertreter nur in stellvertretender Funktion und sind dem Bürgerwillen verpflichtet. Ein Bürgerbegehren ist als Teil einer gelebten Demokratie und nicht als Affront gegen die Parlamentarier gedacht. Es eröffnet neue Perspektiven oder bestätigt das geplante Vorgehen des Parlamentes.

Aber warum sind die Bürger in Braunfels ihren Parlamentariern gegenüber eigentlich so misstrauisch? Ob es daran liegt, dass keine Ausschreibung gemacht wurde?

Oder weil einem Bürger, der während der Bürgerversammlung eine Frage stellen wollte, das Mikrofon abgestellt wurde? Oder bei öffentlichen Sitzungen der Stadtverordneten Türsteher engagiert werden, während vor der Tür friedliche Bürger für den Erhalt ihres Waldes demonstrieren?