EIN ERSTER ANFANG – CORONA-AUFARBEITUNG AM THEATER

von Redaktion — über |

Eindrücke vom ersten „Corona“-Rückblick am Ulmer Theater

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Ein wenig holprig - doch der Anfang ist gemacht. Am dritten März-Sonntag ging es im Ulmer Theater - erstmals sozusagen „offiziell“ - darum, kritisch zu bewerten, was am 22. März 2020 durch den sog. „Corona-Lockdown“ mit einer zuvor niemals für möglich gehaltenen Gewalt über die Bürger hereingebrochen war; mit dem Wissensstand von heute, versteht sich..

Eine sachliche Kritik der diktatorischen Maßnahmen der „Corona“-Zeit wird von der Ulmer Bürgerrechtsbewegung bereits seit fünf Jahren eingefordert. Ein „Offener Brief an den OB“ eines Aktionsteams war im September 2024 ohne Antwort geblieben. Von Gesprächsbereitschaft der derzeitigen Ulm-Repräsentanten keine Spur. So hatte das Aktionsteam über ein kostenfreies 8-Seiten-Magazin „Das freie Wort“ (Ausgabe 9, 2024) in einer Auflage von 20.000 Exemplaren für den 28. November 2024 eine offene Aussprache anberaumt, durchgeführt und dokumentiert.

Nun lud das Theater ins Foyer ein. Aufhorchen ließ gleich zu Beginn Dr. Christian Katzschmann, der zusammen mit Theater-Intendant Kay Metzger durch die Podiums-Veranstaltung führte: Es gehe darum zu untersuchen, wie die „Veränderungen in der Gesellschaft“, welche „in allen Bereichen spürbar“ seien, „in einer Relation zu Corona stehen“. - Bemerkenswert... - Ist „Corona-Aufarbeitung“ also deshalb wichtig, um zu verstehen, welche grundsätzliche, strukturelle Veränderung der Umgang der Bürger untereinander erfahren und vielfach schmerzhafte Nachwirkungen hinterlassen hat?

Nach dem einleitenden Gesangs-Duo mit dem Titel „Weißt du noch?“ aus der Operette „Die Csárdásfürstin“, vorgetragen von den Künstlern Maria Rosendorfsky und Markus Francke, wurde der Themen-Horizont zunächst eingegrenzt: Das Krisen-Management, befand Martin Bendel, der als Erster Bürgermeister dem sog. „Krisenstab“ vorstand, habe während der Corona-Zeit „gut funktioniert“ - womit er sich in erster Linie selbst eine Bewertung aussprach; im Blick auf künftige Krisen sollte man allerdings die „Kontakt-Personennachverfolgung“ verbessern… - Das war der Moment, da im Publikum zum ersten Mal betretene Blicke aufkamen: „Äh, der hat jetzt nicht wirklich gesagt, dass die digitale Erfassung der Bürger noch mehr verschärft werden soll, oder...?

Ob Moderator Katzschmann spürte, dass hier ein Gegengewicht hergehörte? Jedenfalls brachte er Armin Laschet ins Gespräch, der sich unlängst öffentlich in dem Sinn geäußert hatte, es dürften „fundamentale Grundrechte (…) nicht noch einmal so“ außer Kraft gesetzt werden – woraufhin sich im Publikum zum ersten Mal spontaner Beifall regte. Doch Bendel startete, wie in Trance, weiter durch und sprach von „Verantwortung“ für „Leib und Leben“, als habe er die Narrative, die vor vier Jahren in Staats- wie Konzernmedien im 24/7-Modus rauf- und runtergebrettert wurden, bis auf den Grund seiner Seele abgelegt. Es war, als trage er einen Schild mit der Aufschrift „Wir wussten es ja nicht besser!“ vor der Brust, um erwartete Pfeile abzufangen.

War man hier in eine Corona-Propagandashow vom März 2021 zurück-gebeamt worden..? Ob aus weiblicher Empathie oder aus Selbsterhaltung - Maria Rosendorfsky auf dem Podium spürte, dass der zweithöchste Repräsentant der Stadt mit einer derartigen Retro-Einstellung allzu allein da stehen könnte. Elends sprang sie ihm bei, noch bevor sie von den Moderatoren befragt wurde: Ja, auf jeden Fall sei es besser gewesen, vorsichtig zu agieren.

Katzschmann ließ den Philosophen Giorgio Agamben zu Wort kommen: dass „die Trauerarbeit nicht vernachlässigt werden“ dürfe… - Wohl kaum waren damit diejenigen gemeint, die – auf Basis eines sinnlosen „Tests“ – als „Corona-Tote“ in die Statistik eingegangen sind. Zum Dank kam erneut Beifall auf.. Auch Martin Böger, Oberkirchenrat aus Stuttgart, brachte die Opfer der C-Maßnahmen offen zur Sprache: Man habe Menschen unbegleitet sterben lassen, das sei „ein Fehler“ gewesen. Zustimmung im Raum, verhaltenes Nicken bei Bendel. Nur, als der Kirchenmann urplötzlich das Wort „Klimakrise“ in den Mund nahm, gab es erste unzufriedene Zwischenrufe.

Nun war der Chefredakteur der im Südwesten dominanten Tageszeitung an der Reihe: „Wir wussten nicht, was kommt da auf uns zu..“, suchte Ulrich Becker den in den Boden geschlagenen Pflock weiter zu befestigen. Doch der Moderator legte nach: Ob denn „eine kritische Distanz“ gegenüber den – politischen – Anordnungen nicht besser gewesen sei? Die Antwort: „Ja, da ist sicher einiges schiefgelaufen.“ Auch die Schließung der Schulen sei „falsch“ gewesen, insbesondere „sensible Kinder“ hätten sehr gelitten. - War das die Andeutung eines Bedauerns oder gar einer Umkehr?

Was heute „am meisten belaste“, so Becker, sei die „Spaltung der Gesellschaft“. Vielfach komme man nicht ins Gespräch, weil man dem Andersdenkenden „nicht einmal unterstellen“ wolle, dass er vielleicht recht haben könnte. Solche Worte beeindruckten. - Intendant Metzger kam auf anonyme Briefe an das Theater zu sprechen, in denen die C-Maßnahmen als „gegen Recht und Ordnung gerichtet“ bezeichnet wurden. Markus Francke wurde auf seine persönliche Situation als Künstler angesprochen, nachdem der Spielbetrieb eingestellt worden war. Er habe sich irgendwie – u.a auch mit Kurzarbeitergeld – über Wasser halten können, war die Antwort; gleichwohl sei es psychisch belastend gewesen. Andere Kollegen hätten den Weg einer Umschulung gewählt.

Und wieder ging Katzschmann auf kritische Distanz zu den Maßnahmen, indem er den „Linken“-Politiker Bodo Ramelow zitierte: Die Steuerung der Krise sei ein „Fehler“ gewesen, insofern sie „soziale Spannungen“ hervorgebracht hätte. Hier schaltete sich wieder der Erste Bürgermeister ein: Es seien doch die sog. „Spaziergänger“ gewesen, welche die Spaltung verursacht hätten. Dass „massiv in Grund-Freiheiten eingegriffen“ worden war, konzedierte er andererseits nachdenklich. Doch erneut brachte er die Möglichkeit (oder gar Wahrscheinlichkeit?) einer nächsten „Pandemie“ oder „Krise“ zur Sprache, bei der „wir zum Schutz der Bürger (…) in Freiheitsrechte eingreifen müssen“ – was im Publikum nicht wirklich als vertrauensbildend wahrgenommen wurde; die Zwischenrufe mehrten sich. Das Vertrauen, er meine es ernst mit der „freiheitlichen Gesellschaft“, war spürbar beeinträchtigt.

Es war eine Art Ping-Pong der Emotionen… Christian Katzschmann brachte es auf den Punkt, in dem er von „verschiedenen Gesellschaften“ sprach, in denen wir leben. Metzger wurde noch deutlicher: Die „Politik“ habe „Misstrauen gesät“, adressierte er den Medien-Chef. Wie denn nun die Akzeptanz in der Bevölkerung wiederhergestellt werden könne? Becker antwortete unter Hinweis auf die von Walter Steinmeier angeregte Enquète-Kommission. - Ob das reicht? Die nächste Frage war spitz formuliert: Die Zahl der Bürger, „die diesem Staat nicht mehr trauen“, sei im Wachsen begriffen. Wie man denn damit umgehe? Becker bestätigte das mit entsprechenden Umfragen eines Mainzer Instituts.

Inzwischen standen unter den etwa 40 Zuhörern, seit gefühlt 20 Minuten, einige Arme senkrecht. Im Raum war ein Unbehagen zu spüren, oder genauer: ein Wunsch nach Ausweitung der Gesprächs-Inhalte, während auch Maria Rosendorfsky bedauerte, dass sich seit 2020 die Situation immer weiter aufgeheizt habe: „Wir haben verlernt, einen Diskurs in einem milden Ton zu führen.“ Es gebe „nur noch schwarz und weiß“. Das habe auch der Wahlkampf gezeigt. Es gehe darum, heranwachsende Menschen zu kritischer Nutzung der Medien zu begleiten, womit sie freilich nur die freien sozialen Medien meinte. Sie warb für „mehr Demut“ im Aufeinander-Zugehen. Auch Böger sah sich zu dem Hinweis veranlasst, dass es „mehrere Sichtweisen auf eine Sache“ gebe, und das sei dem jeweils Anderen zuzugestehen. Das sei ein „erster Schritt“ um „beieinander zu bleiben“.

Mit Gespür für die im Raum entstandene, aufgeladene Stimmung machte sich Kay Metzger dann auf den Weg in den Zuhörer-Bereich, wo eine Lehrerin beklagte, dass Menschen nach wie vor mit Attributen wie „Schwurbler“ und „rechts“ abgewertet würden; bei Presse, Funk und Fernsehen fehlte ihr die „Multi-Perspektivität“. Der Medien-Macher reagiert warmherzig: Ja, man habe „an der einen oder anderen Stelle nicht genug nachgefragt“.

Eine Mitarbeiterin im kirchlichen Dienst kritisierte, dass von regionalen Zeitungen auf kritische Briefe hin überhaupt keine Reaktion erfolgt sei; insbesondere sei eine „Impfung“ beworben worden, an der inzwischen viele Menschen gestorben seien. „Pandemien“ würden, wie der Journalist Paul Schreyer in seinen Büchern nachgewiesen habe, de facto geplant, und es sei ein Verbrechen, sich daran zu beteiligen.

Moniert wurde insbesondere, dass die seit Juli 2024 im vollen Wortlaut freigegebenen Protokolle des Robert-Koch-Instituts heute nicht thematisiert worden seien. Darin ist wörtlich nachzulesen, dass es sich bei „Corona“ nicht um ein medizinisch indiziertes, sondern um ein rein politisch aufgezwungenes Projekt gehandelt hat. Dazu bejahte Markus Becker einerseits die Wichtigkeit dieser Dokumente, wies andererseits den Gedanken, dass Pandemien gezielt herbeigeführt würden, klar zurück. Gefordert wurde von Diskutanten auch, dass die Verantwortlichen wegen ihres Fehlverhaltens im Maßnahmen-Staat öffentlich um Entschuldigung bitten sollten.

Eine Zuhörerin bemängelte, dass man bereits zu Beginn der Maßnahmen anhand der Widersprüche (Abbau von Intensiv-Betten. Schließung von Krankenhäusern, Tanz-Choreographien in Kliniken durch gelangweiltes Personal) hätte bereits frühzeitig merken können, dass es sich bei „Corona“ um eine gezielte Täuschung der Bevölkerung gehandelt hat. Auch auf den Einsatz massiver Polizei-Gewalt gegen Demonstranten oder das Entziehen der Existenzgrundlage von Ärzten, die eine andere wissenschaftliche Meinung hatten, wurde hingewiesen. Aus der Vielzahl möglicher Aspekte wurde noch angeführt, dass seitens der Medien - zur Steigerung des Panik-Szenarios – jahreszeitlich bedingte Erkältungen mit „Corona“ in einen Topf geworfen worden waren.

Der Antwort stellte sich zunächst der Chefredakteur der Südwestpresse, sekundiert vom Ersten Bürgermeister: Er wollte geltend machen, dass man in Ulm mit den Teilnehmern bei Protest-Kundgebungen vergleichsweise „liberal“ umgegangen sei, insofern die Versammlungsfreiheit höher bewertet wurde als die Gefahren durch die Virus-Verbreitung, Es sei das Ziel aller Maßnahmen gewesen, die „größtmögliche Akzeptanz in der Bevölkerung“ zu erreichen. Erneut wies er hin auf die Last der „Verantwortung“ angesichts der großen „Gefahrenlage“, was nur noch mehr Zwischenrufe hervorrief.

In der Tat schien es so, als seien die aus der Zuhörerschaft vorgebrachten Argumente auf dem Podium gar nicht wahrgenommen worden; andernfalls wären Narrativ-kongruente Argumente gar nicht mehr ausgesprochen worden, nachdem die Erzählung selbst längst als Täuschung der Bevölkerung entlarvt worden war.

Die grundsätzlichen Aspekte der Debatte aus der Einleitung kamen auf der Zielgerade noch einmal zur Sprache: „Wenn wir nicht aufhören, uns gegenseitig der Verfehlungen zu bezichtigen, kommen wir keinen Schritt weiter“, sagte einer noch. - Dazu ließe sich freilich fragen: Wie will man künftige Verfehlungen verhindern, wenn sie nicht offen thematisiert werden?

Und auch das Thema „Medien-Erziehung“ scheint sich in so manch einem Kopf verschoben zu haben: War uns als Schülern hierzulande nicht jahrzehntelang vermittelt worden, dass jedes Medium seine redaktionellen Leitlinien und jeder Text eine Intention des Autors hat? Von solcher Erkenntnis schienen manche Podiumsteilnehmer im Theater-Foyer weit entfernt: „Medien-Erziehung“, so führte einer – doch tatsächlich - aus, bestünde darin, dass Heranwachsende unterscheiden lernen: „Was ist eine gute und was ist eine schlechte Quelle?“ Sollte das im Klartext bedeuten: „Lest unsere Zeitung meidet Telegram“…?

Starker Tobak. Angesichts dessen ploppen Fragen wie diese auf: Was sind „gute Quellen“, was sind „schlechte“ Quellen? Lässt sich, in Bezug auf welches Thema auch immer, die „einzig-wahre“ Ansicht ermitteln? Wer dürfte für sich beanspruchen, diese festzulegen? Oder birgt ein solches Verständnis von „Wahrheit“ nicht ihrerseits den Keim für Gewalt, ja Faschismus? Hat „Corona“ den gesellschaftlichen Umgang untereinander - zum Totalitären hin - verändert? Wie kämen wir da raus?

Gastautor: Dr. Daniel Langhans