Angewidert ist untertrieben

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Ein Standpunkt von Jochen Mitschka

Es fällt mir zunehmend schwer, den Nachrichten zu folgen. Angewidert darüber, was passiert, ist ein Ausdruck, der es nur annähernd trifft. Es geht tiefer. Egal wohin man sieht: Das Mittelalter ist zurück. Ob Israel Blutrache übt, und anscheinend bewusst Kinder ermordet, um die Wurzel zukünftigen Widerstandes auszulöschen oder die israelische Regierung ganz offen historische religiöse Texte wortwörtlich in die Tat umsetzt und eine Vernichtung in Gaza durchführt, die man historisch bezeichnen muss, oder ob die USA mal eben Länder bombardieren, aber sinngemäß erklären „Nein, wir sind nicht im Krieg mit denen“. Ob Selenskyj Bücher verbrennt oder Soldaten zwangsrekrutiert, wie früher in Hafenstädte betrunkene Seeleute. Ob Massaker im Kongo nicht in die kolonialen Schlagzeilen kommen, oder Vergewaltiger in Deutschland keinen Tag im Gefängnis verbringen, aber Gericht Erzwingungshaft zur Eintreibung von Corona-Strafen verhängen, und diese Gerichte Beweisaufnahme verweigern, und als Realität bezeichnen, was der Arm der beklagten Regierung, das RKI erklärt. Das alles soll „normal“ sein? Ich habe meinen Plan, über das geopolitische Puzzle zu erzählen, erst mal aufgegeben, denn ich muss heute loswerden, was in meinen Augen in Deutschland normal wäre, aber leider nicht ist! Fangen wir mit der Gewaltenteilung an.

Die Gewaltenteilung

Die Exekutive

Das „ausführende Organ“ des Staates ist sozusagen der Verwalter der BRD. Dieser Verwalter muss „das Geschäft“ nach den Regeln und Gesetzen führen, die vom Gesetzgeber, welcher der Souverän bzw. sein Stellvertreter ist, vorgegeben sind. Normal wäre, wenn dieser „Verwalter“ direkt vom Souverän gewählt würde, wie der Vorstand vom Aufsichtsrat einer AG.

Tatsächlich wird die Bundesregierung aber in „Koalitionsverhandlungen“, und meist in Hinterzimmern, durch die Führungen der „staatstragenden“ politischen Parteien bestimmt. Der Einfluss auf die Regierung durch den Wähler beschränkt sich auf die Abgabe der Stimme für eine Partei und deren Programm. Was davon letztlich in den Koalitionsverhandlungen realisiert wird, oder erst recht später in der Führung der Geschäfte, darauf hat der Wähler nach der Wahl keinen, null, nada, Einfluss. D.h. nicht der Wille der Wähler bestimmt die Richtlinien der Politik, was aber m.E. der Normalfall sein sollte.

Absurd ist, dass Regierungsmitglieder gleichzeitig Teil der Legislative sein können, also Teil des Teils der Gewaltenteilung, welche für die Regierung die Gesetze festlegt, und deren korrekte Durchführung auch kontrollieren soll. Normal wäre, wenn Regierungsmitglieder und politische Beamte der Regierung nicht gleichzeitig Mitglied des deutschen Bundestages wären.

Die Legislative

Wie wir bereits bei der Exekutive gesehen haben, werden die Tagesgeschäfte des Landes durch die politischen Parteien festgelegt und organisiert. Das Gleiche gilt für die Legislative. D.h. wer als „Vertreter“ des Souveräns, des Wählers in das Parlament, den Bundestag einzieht, wird durch die Führungen der politischen Parteien durch parteiinterne Verfahren bestimmt. Der Wähler hat keinerlei Einfluss auf die Listenkandidaten, und auch nicht auf die Direktkandidaten. Er kann lediglich sein OK einem Vorschlag geben oder eben nicht. Mit anderen Worten: Nur wer sich als Kandidat dem Konsens der „staatstragenden“ politischen Parteien und ihren Führungen unterwirft, dem wird erlaubt, überhaupt erfolgversprechend anzutreten. Und inzwischen sind es Netzwerke, welche sich gegenseitig in Kandidaturen bringen, wie man deutlich an den m.E. Auswüchsen deutscher Politikführer sehen kann.

Einzelne Abgeordnete haben in dem System Deutschlands praktisch keine Chancen, deshalb gibt es, überspitzt erklärt mehr direkte Demokratie in Vietnam als in Deutschland. Bei der Wahl zum Einkammerparlament Vietnams 2002 waren ca. 15 % der Kandidaten keine Parteimitglieder, die Zahl stieg seitdem stark an. Wer sich über den Arbeitsplatz oder das Wohngebiet bewirbt, hat gute Chancen vom Wahlkomitee angenommen, und dann auch gewählt zu werden.

Mit anderen Worten: In Deutschland gibt es zwar kein Wahlkomitee, das Abgeordnete, welche möglicherweise „störend“ sein könnten, aussondert, wie in Vietnam oder im Iran, aber in Deutschland wird dieser Filtermechanismus durch die politischen Parteien viel unauffälliger gesichert. Normal wäre, wenn der Wähler bestimmen würde, welchen Kandidaten er auf welchem Listenplatz oder Direktmandat haben möchte, oder wenn er selbst aus Kandidaten, die gewisse Qualifikationen und Voraussetzungen erfüllen, (muss man nicht überall Eingangstests bestehen, bevor man Studium oder Job beginnt?) … selbst wählen könnte.

„Die gleichen Chancen“ bedeutet, dass nicht nur Beamte für den Wahlkampf freigestellt werden, sondern dass alle Kandidaten, nicht nur Beamte und gutverdienende Selbständige, finanziell in die Lage versetzt werden, einen Wahlkampf zu führen. D.h. für einen Landwirt muss eine Vertretung finanziert werden, für eine alleinerziehende Mutter ein Einkommen und Versorgung des Kindes u.ä. Ansonsten wird das Parlament niemals ein Spiegelbild der Gesellschaft sein. Normal wäre also, wenn alle die gleichen Chancen für eine Kandidatur hätten.

Wie der Name sagt, soll der Bundestag die Gesetze entwickeln, unter denen die Regierung arbeiten muss. Aber was sehen wir in der Realität? Die Gesetze werden durch die Regierung so entwickelt, wie sie die Gesetze gerne hat, um die Gewalt im Land auszuüben. Teilweise mit Hilfe von Lobbyorganisationen und ungeheuer teuren „Beratern“ internationaler Firmen. (Und trotzdem werden Fehler durch Minister gemacht, die hunderte von Millionen Euro Schaden verursachen, wie z.B. die Mautgesetze, oder der CumEx-Skandal, ohne dass es Folgen für die verantwortlichen Politiker hat.)

Das Parlament ist anscheinend dazu da, die von der Regierung, genauer gesagt den Parteiführungen in Hinterzimmer-Gesprächen, vereinbarten Gesetze abzunicken, so der Eindruck. Demnach dient der Bundestag überspitzt gesagt lediglich der Versorgung von Partei-Politikern, und um den Schein einer Gewaltenteilung aufrecht zu erhalten.

Die Parteien bestimmen also die Zusammensetzung der Regierung ebenso wie die Zusammensetzung des Parlaments. Und logischerweise hat das Parlament dann nicht wirklich die Funktion, die es haben sollte, nämlich Gesetze zu entwickeln und die Regierung zu kontrollieren. Wie das mit den Gesetzen abläuft, hat der inzwischen aus der SPD ausgetretene Bundestagsabgeordnete Marco Bülow in einem Video am Beispiel eines Kriegseinsatzes beschrieben:

…Dann hatte man das Thema wieder abgefrühstückt gehabt, und dann gab es den Anschlag in Paris. Und das war schon so nach dem Motto, jetzt muss man ja wohl doch irgendwas machen. Und dann gab es am Dienstagmorgen einen Kabinettsbeschluss. Dienstag am Morgen. Um 12 Uhr hatten wir den Kabinettsbeschluss über Computer in unserem Netz, konnten ihn ausdrucken. Um 14 Uhr hat die Fraktionssitzung begonnen. Die Abgeordneten hatten aber einen klar getakteten Tag. Keiner der Abgeordneten war zwischen 12 und 14 Uhr im Büro. Wenn überhaupt, haben die Mitarbeiter das ausgedruckt und denen dann nachgetragen, den Abgeordneten. Ich hatte meine Unterlagen um Viertel vor Zwei. So ein Packen Beschluss, das Wichtigste war auf 20 Seiten zusammengefasst, aber das ist auch noch relativ viel, was das Kabinett beschlossen hat. Um 14:00 Uhr hatten wir Fraktionssitzung, um 14:45 Uhr hat die Fraktion beschlossen, wie sie damit umgeht. Das ist keine Demokratie…“ (2)

Das allerdreisteste ist aber, dass die angebliche Legislative, wie wir sahen eigentlich Vertreter der Parteien, auch das höchste aller Gesetze ändert. Dieses Grundgesetz ersetzt eine Verfassung, bis sich das Volk eine Verfassung selbst gibt, was man auch im Grundgesetz nachlesen kann. Die Aufgabe einer Verfassung, bzw. in Deutschland des Grundgesetzes ist es, den Bürger vor dem Staat zu beschützen.

Wie kann es diese Aufgabe erfüllen, wenn der Staat, vertreten durch Berufspolitiker der staatstragenden Parteien, im Laufe der Jahrzehnte diese Grundlage aller Regeln des Zusammenlebens mit hunderten von Gesetzen ausgehöhlt, ja in sein Gegenteil verkehrt hat?

Muss ich das wirklich belegen? Das hatte ich schon 2019 mit dem Essay „Quo vadis Germania“ gemacht, deshalb spare ich mir das aus Formatgründen hier. Wer Interesse hat, kann das E-Book eine Woche lang kostenlos herunterladen (5). Der Stand ist der vor Corona. D.h. die Entwicklung hatte sich seitdem beschleunigt.

Für mich wäre normal, wenn alle Änderungen am Grundgesetz, die seit der Verkündung durch die Parteien durchgesetzt wurden, erst wirksam würden, wenn sie durch den Souverän bestätigt wurden. Wenn die Parteien schon nicht zulassen, dass das Volk selbst über eine Verfassung bestimmt.

Kommen wir zur nächsten Säule der angeblichen Gewaltenteilung:

Die Judikative

Die Judikative soll nicht nur zu schnelles Fahren bestrafen, sondern kontrollieren, dass sich sowohl die Legislative als auch die Exekutive an die Regeln halten, die durch die Verfassung und die Gesetze vorgegeben werden. Daher wäre es m.E. normal, wenn diese Säule der Gewaltenteilung vollkommen unabhängig von den politischen Parteien wäre, denn schließlich sind die Politiker die möglichen Täter, gegen welche die Bürger die Justiz um Hilfe bitten. Aber weit gefehlt. Die Justiz ist in einer in Europa beispiellosen Form abhängig von … dem Konsens der staatstragenden politischen Parteien.

D.h. die Judikative ist nicht nur finanziell vollkommen von den Entscheidungen der Politiker abhängig, sondern diese haben über die Justizminister das Weisungsrecht gegenüber denjenigen, die sie potentiell im Auftrag des Bürgers bei Vergehen anklagen sollen. Nochmal: Die Staatsanwälte werden von denen kontrolliert, welche sie vor Gericht bringen sollen, wenn sie gegen Gesetze verstoßen haben. Das ist so absurd, dass deutsche Staatsanwälte als einzige in Europa, keine internationalen Haftbefehle ausstellen können.

Wie lächerlich die Situation erscheint, erkennt man daran, wie einst der oberste Ankläger der Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Anzeigen gegen die Bundesregierung wegen Verstoß gegen §80StGB, der das Angriffskriegsverbot des Grundgesetzes in Strafrecht umsetzte, reagierte.

Mit Schreiben vom 26. Januar d.J. teilte der Generalbundesanwalt in bisher beispielloser Offenheit mit, dass ‚nur die Vorbereitung an einem Angriffskrieg und nicht der Angriffskrieg selbst strafbar‘ seien, ‚so dass auch die Beteiligung an einem von anderen vorbereiteten Angriffskrieg nicht strafbar ist‘“ (AZ 3 ARP 8/06-3).“ (3)

Glauben Sie mir, wenn ich Ihnen erkläre, dass auf meine Anzeige wegen Beteiligung am Krieg gegen Syrien ähnlich absurde Antworten erteilt wurden, nachzulesen in Anhang (4). Damit solche Peinlichkeiten nicht mehr vorkommen, wurde der einzige Strafrechtsparagraf, welcher Verbrechen gegen das Grundgesetz mit Strafe belegte, zum 1.1.2017 gelöscht. Der Ersatz soll angeblich das Völkerstrafrecht sein. Aber dieses kennt unser Grundgesetz nicht, den Geist des Grundgesetzes schon gar nicht, und wurde durch Kolonialmächte maßgeblich beeinflusst, welche natürlich nicht so ohne weiteres ihre alten „Interventionsrechte“ einfach aufgeben wollten. Mit anderen Worten sieht dieses Völkerstrafrecht jede Menge Schlupflöcher für Angriffskriege vor.

Normal wäre, dass Verstöße gegen das Grundgesetz mit Strafen belegt werden, und nicht nur mit unverbindlich drohendem Zeigefinger durch das Verfassungsgericht, dies oder das Gesetz doch zu ändern. Schließlich werden Verstöße gegen Verkehrsregeln bestraft, nicht aber Verstöße gegen das Grundgesetz?

Aber kommen wir zu dem Zeigefinger. Dass der Zeigefinger nicht gar zu böse winkt, dürfte darauf zurück zu führen sein, dass die potentiellen Angeklagten sich die Richter, die über sie richten sollen, selbst bestimmen. Und damit nur wirklich gar nichts schief geht, setzt man dann gerne auch einen der führenden Politiker aus einer der staatstragenden politischen Parteien an die Spitze. Glauben Sie nicht? Wäre doch absurd, wenn sich z.B. Verkehrsrowdis selbst die Richter aussuchen könnten? Ist aber so. Und es kann sogar im politisch nicht ganz so neutralen Wikipedia nachgelesen werden, welche Partei welchen Richter ins Amt brachte.

Aber auch Richter in Gerichten weit unterhalb des Verfassungsgerichts werden durch Politiker bestimmt. Sie entscheiden über Karrieren und Positionen und bezahlen sie. Wer nicht spurt, der muss damit rechnen, Opfer einer Hausdurchsuchung zu werden, und er wird durch vom Justizminister abhängige Staatsanwälte und folgsamere Richter entsprechend zur Ordnung gerufen. Hatten wir während der Corona Krise gesehen. Besonders beschämend war, dass praktisch kein Richter bei Klagen gegen die Regierung in die Beweisaufnahme eingetreten ist, um dem Kläger die Möglichkeit zu geben, seine Beweise vorzuführen. Vielmehr wurde behauptet, dass das Robert-Koch-Institut die alleinige Wahrheit verkündete, ohne zu berücksichtigen, dass dieses Institut ein Arm der Regierung war. Wie man auch bei einer politischen Anhörung allzu deutlich sehen konnte, als ein General, der von der Regierung als Corona-Manager eingesetzt worden war, dem RKI die entsprechenden Stichworte gab. Ein General!

Wenn aber sowohl die Staatsanwälte, als auch die Richter, es nicht wagen bzw. es nicht zugelassen ist, Klagen bzw. Urteile gegen die Regierungen erfolgreich durchzuführen, kann das kaum als „Gewaltenteilung“ gelten. Mit anderen Worten: Die Justiz wird durch die politischen Parteien kontrolliert.

Normal wäre meiner Meinung nach, wenn die Justiz sich selbst organisieren würde. Wenn sie ein eigenes Budget hätte, die Staatsanwälte selbst darüber entscheiden, wen sie anklagen und die höchsten Vertreter der Justiz direkt vom Wähler bestimmt würden.

Die vierte Säule der Gewaltenteilung – Die Medien

Es gab eine Zeit im auslaufenden deutschen Kaiserreich, da war die Mehrzahl der Journalisten unabhängig und kritisch. Und sie waren loyal zur eigenen „Zunft“. Als ein Journalist wegen Kritik am Kaiser verurteilt wurde, erschienen sofort jede Menge Artikel in den damals noch vollkommen eigenständigen Stadtzeitungen und Journalisten ließen sich bewusst verurteilen. Kamen sie aus dem Gefängnis, folgte sofort ein neuer Artikel. Bis der Druck der Öffentlichkeit so groß wurde, dass die Verfolgung des Lèse Majèsté-Gesetzes eingestellt wurde. Während heute Julian Assange seit Jahren in Einzelhaft schmort, weil er Verbrechen von Regierungen bekannt gemacht hat, ohne dass es einen Aufschrei der Journalisten gibt.

Auf dieser glorreichen Geschichte des Journalismus basierte die Idee, die Unabhängigkeit dieser tausenden von Medien zu sichern, indem man deutlich machte, dass die Journalisten, die diese Medien leiteten, von Einfluss der Mitarbeiter und von außen unabhängig waren. Man sieht die Folgen heute noch am so genannten Tendenzbetriebegesetz. Was es aber heute bedeutet, erkannte man an Arbeitsverträgen von Springer, die sicherstellten, dass keine gegen Israel kritischen Beiträge erscheinen, was eingeschränkt auf die USA als Schutzpatron Israels ausgeweitet gilt.

Was zur Zeit des unabhängigen Journalismus sinnvoll war, ist heute in sein Gegenteil verkehrt. Das ist der Grund, warum wir den Eindruck haben, dass die Medien „gleichgeschaltet“ wurden, was aber gar nicht notwendig war. Sondern im Laufe der Jahrzehnte wurden die Mitarbeiter so eingestellt und befördert, dass sie von alleine wissen, was richtig, und welcher Haltungsjournalismus notwendig ist. Und leider gehören die Medien heute nicht tausenden von Journalisten, sondern einer Handvoll Oligarchen. Und die Medien, welche nicht von Interessen großer Investoren abhängig sind, werden durch Politiker der „staatstragenden“ Parteien im ÖRR kontrolliert.

M.E. normal wäre, wenn die meinungsbildenden größten Medien heute dazu verpflichtet würden, Nachrichten und Kommentare strikt zu trennen, und Kommentare in ihrer Vielfalt wie sie in der Gesellschaft vorkommen, zu spiegeln. Solange aber die Interessen der Politiker und die der Investoren übereinstimmen, wird es nicht einmal zwischen den beiden unterschiedlichen Mediengruppen unterschiedlichen Haltungsjournalismus geben.

Wer bestimmt die Politik Deutschland?

Wie wir gesehen haben, bestimmen aber in Deutschland die Führungen der im Bundestag vertretenen Parteien die Politik der Bundesrepublik Deutschland. Die Väter und vielleicht auch Mütter des Grundgesetzes hatten „dem deutschen Volk“ misstraut, und wollten erst zulassen, dass dieses Volk sich eine eigene Verfassung gibt, und damit Mitsprache an den wichtigsten aller Gesetzen, wenn es wiedervereint ist. Diese Verfassung wird durch die politischen Parteien verweigert. Denn die Kontrolleure haben die Kontrolle übernommen. Und sie erklären das auch ganz offen. Wie Angela Merkel schon 2010 (1).

Aber genau deshalb bin ich auch zutiefst davon überzeugt, dass es richtig ist, dass wir eine repräsentative Demokratie und keine plebiszitäre Demokratie haben und dass uns die repräsentative Demokratie für bestimmte Zeitabschnitte die Möglichkeit gibt, Entscheidungen zu fällen, dann innerhalb dieser Zeitabschnitte auch für diese Entscheidungen zu werben und damit Meinungen zu verändern. Wir können im Rückblick auf die Geschichte der Bundesrepublik sagen, dass all die großen Entscheidungen keine demoskopische Mehrheit hatten, als sie gefällt wurden.“ (1)

Meiner Meinung nach wäre normal, dass ein Politiker für eine Politik wirbt. Wenn er die Mehrheit dafür erhält, genau diese Politik verfolgt, wenn er die Mehrheit verliert, zurücktritt und wieder versucht, die Mehrheit zu überzeugen. Leider ist es genau andersherum: Die politischen Parteien setzen eine Politik durch und die Medien haben dann die Aufgabe, für die Akzeptanz durch die Wähler zu werben.

Erst im Nachhinein hat sich in vielen Fällen die Haltung der Deutschen verändert. Ich finde es auch vernünftig, dass sich die Bevölkerung das Ergebnis einer Maßnahme erst einmal anschaut und dann ein Urteil darüber bildet.“ (1)

D.h. erst mal wird Krieg geführt, dann dafür geworben. Und die Medien sorgen dafür, dass es nur noch „Patrioten“ gibt. Bei der Gestaltung des Grundgesetzes waren die Gründer im guten Glauben davon ausgegangen, dass, ähnlich wie man es in der Antike schon als Lösung ansah, die Kontrolleure sich selbst kontrollieren, und zwar durch Ehre, Moral und Ethik. Das ist leider schief gegangen. Die Kontrolleure haben die Macht übernommen. Und das wieder zu ändern, wird vermutlich Generationen dauern, und möglicherweise erst nach großen Katastrophen möglich sein. Wer Demokratie wünscht, braucht einen sehr langen Atem.

Fazit

Man könnte das System, wie es oben beschrieben wurde, trotzdem als Gesellschaftssystem akzeptieren, wenn da nicht Dinge wären, die deutlich störten:

  1. müssen die Steuerzahler immer höhere Lasten tragen, ohne Einfluss darauf zu haben, was mit dem Geld passiert, das sie so schmerzhaft erarbeiten.

  2. wird die Wirtschaft, das Image und die Zukunft Deutschlands systematisch zerstört, ohne dass die Menschen Einfluss darauf haben.

  3. wird durch die Behauptung, dass die Regierung ja „demokratisch“ durch „das Volk“ gewählt und daher die eindeutige Vertretung des Volkes sei, die Gesamtheit der Deutschen in Haftung für Kriege und Verbrechen der Regierung genommen. D.h. wenn man nun sieht, wie Israel in Gaza einen schulbuchartigen Völkermord durchführen, befeuert und unterstützt durch unsere Regierung, dann fällt die geschichtliche Schuld wieder einmal auf die Gesamtheit aller Deutscher. Ganz abgesehen von der Möglichkeit, dass wir uns diesmal nicht vor Schadenersatzzahlungen werden schützen können. Mit dem Völkermord in Namibia konnten wir es vielleicht bisher noch, und die USA konnten es auch bei der Verurteilungen wegen Verbrechen gegen Nicaragua. Aber wenn zu einem späteren Zeitpunkt die Verfahren gegen Deutschland stattfinden, werden sich die Machtverhältnisse in der Welt verändert haben. Denn die Macht der Kolonialländer schwindet mit jedem Jahr, jedem Monat, mit jedem Krieg, nachdem sie aus dem zerstörten Land vertrieben werden. Wenn das vermutlich ärmste Land der Welt, der Jemen, der Militärmaschinerie des unschlagbaren Westens mit seinen Billionen Euro Rüstungsausgaben die Stirn bietet, um einen Völkermord in Gaza zu beenden, ist das ein Fanal, das die Welt aufwecken wird.

Angewidert darüber, was passiert, ist ein Ausdruck, der es nur annähernd trifft.

Ich kann es einfach nicht fassen, welche Verbrechen die deutsche Politik in Palästina deckt, obwohl Israel sich selbst implizit als außerhalb des Völkerrechts stehend bezeichnet, den IGH nicht als legitimiert anerkennt, und seinen Völkermord fortsetzt (6).

Hinweise und Quellen

Dieser Artikel ist zuerst bei Apolut erschienen.

Der Autor twittert zu tagesaktuellen Themen unter https://twitter.com/jochen_mitschka

(1) https://apolut.net/standpunkte-%E2%80%A2-das-primat-der-politischen-parteien/

(2) https://www.youtube.com/watch?v=T5jCOEJx1eU&t=1s

(3) https://web.archive.org/web/20110211224200/http://www.grundrechtekomitee.de/node/242

(4) https://jomenschenfreund.blogspot.com/2016/08/verrat-am-geist-des-grundgesetzes.html

(5) https://www.dropbox.com/scl/fi/udtqjmyl8o1fccylylixc/FINIS-GERMANIA-08-01-2019-e-book.pdf?rlkey=eo2atb0h72vsojnkti21ahj8m&dl=0

(6) https://twitter.com/Kahlissee/status/1759671815834624156 https://www.9news.com.au/world/israel-hamas-updates-united-nations-international-court-of-justice-hearing-begins/85302a56-a00d-4dd4-8023-0bc6deb3fef1