Bei Gericht: Der Fall der Ramona K.

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Bei Gericht – der Fall Ramona K: Ein Bericht von M. Garcia vom 02. Januar 2024

Am Donnerstag, 9.11.2023, fand in Mainz am Landesarbeitsgericht die Berufungsverhandlung im Fall Ramona K. gegen das Land Rheinland-Pfalz (RLP) statt. Der pädagogischen Fachkraft (PF) war Ende September 2021 nach 21 Jahren im Schuldienst wegen „Verletzung der Treuepflicht“ in Zeiten von Corona außerordentlich gekündigt worden.

Im Rahmen der seit Oktober 2021 laufenden Kündigungsschutzklage hatten sich viele Ungereimtheiten aufgetan, diese galt es aufzuklären. Geladen waren die Leiterin des Referats Förderschulen der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier, Ulrike L. (60 J.) und acht der neun Mitglieder des Bezirkspersonalrats für Förderschulen in RLP (BPR), alles Förderschullehrer oder Pädagogische Fachkräfte. Außer einer 37-jährigen Förderschullehrerin sind alle 50 Jahre oder älter, davon zwei älter als 60 Jahre.

Frau L. sagte aus, seit Sommer 2021 den Sozial-Media-Kanal (SM-Kanal) der Klägerin zu verfolgen und die kritischen Aussagen zu den Corona-Maßnahmen zu dokumentieren. Am Morgen des 22. oder 23.9.2021 sei ihr ein Bildschirmfoto des SM-Kanals der Klägerin vorgelegt worden, auf dem der „Guantanamovergleich“, abgebildet war, das habe „das Fass zum Überlaufen gebracht“. Ein Hinterfragen der Maßnahmen ihrerseits wurde nicht thematisiert. Nacheinander wurden dann die Mitglieder des BPR befragt, alle gaben zu Beginn an, die Klägerin nicht persönlich zu kennen und sich vor diesem Gerichtstermin untereinander ausgetauscht zu haben. Der stellvertretende Vorsitzende, Herr A., hatte eine Vorlage, bestehend aus Auszügen von Sitzungsprotokollen, angefertigt, die von den anderen Personalräten zur Vorbereitung auf den Gerichtstermin genutzt worden war.

Eindeutig war der Aussage mehrere Personalratsmitglieder ihre Abneigung gegenüber der Klägerin zu entnehmen, die sie gegenüber dem Arbeitgeber hätten vertreten müssen. Eine Abneigung, die in erster Linie darauf beruhte, dass Ramona K. sich demonstrativ und offen gegen die Maskenpflicht und andere verordnete Corona-Maßnahmen gewehrt hat. Diese waren von allen Mitgliedern des Personalrats unhinterfragt umgesetzt worden, im treuen Glauben, Politik, Medien, Ministerien und Vorgesetzte würden stets nur im Interesse der Bevölkerung und insb. dem der Kinder handeln. Trotz langjähriger Tätigkeit als Personalrat und einigem an Lebenserfahrung, hatte keines der Mitglieder bei der Entscheidungsfindung die Position der Klägerin versucht einzunehmen, um zu prüfen, ob deren Aussagen fundiert sein könnten. Stattdessen fühlten sie sich angegriffen und verurteilten die Kollegin. Der Vorfall wäre sicherlich ganz anders verlaufen, hätte Ramona K. Gehör gefunden bei ihrer Sorge um die Kinder.

Menschliches Versagen demonstrierten die Personalratsmitglieder mit ihrer einheitlichen Aussage: „Die Beschäftigungsdauer war für mich nicht relevant.“ Bei einer außerordentlichen Kündigung muss die Beschäftigungsdauer tatsächlich nicht berücksichtigt werden. Bei Ramona K. kam es zu einer solchen jedoch nur aus formalen Gründen, das ergibt sich aus der Aussage von Fr. L., die ihrem Vorgesetzten jeweils ein Schreiben für eine ordentliche und eine außerordentliche Kündigung vorgelegt hatte (obwohl ihr Zweifel an der Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung angeblich erst im Gespräch mit diesem gekommen waren). Ausschließlich die lange Beschäftigungsdauer im öffentlichen Dienst in Verbindung mit dem Alter von Ramona K. gaben den Ausschlag für eine außerordentliche Kündigung. Der Personalrat hätte aus Menschlichkeit bei einer so gravierenden Entscheidung, die für Ramona K. existenzbedrohend ist, in jedem Fall die 21-jährige gute Arbeit der Kollegin anrechnen müssen.

Auch die Fragen an die Dienststelle zum Fall stellten sich als Makulatur heraus, denn deren Beantwortung sei für die Entscheidung, keine Stellung zu nehmen, unbedeutend gewesen. Auf Nachfrage konnte sich kaum einer daran erinnern, ob die Fragen jemals beantwortet wurden. Wie die Antworten lauteten, wusste niemand, auch nicht der letzte Zeuge, der die Fragen für seine Entscheidung als „maßgeblich“ bezeichnete.

Erschreckend auch die Aussage dieses letzten Zeugen, der von den unzähligen Verordnungen und Hygieneplänen2 sprach und sagte: „Man muss auch an die denken, die sich daranhalten“, als ob das unhinterfragte Handeln vieler ausschlaggebend zu sein hat für das eigene Handeln.

Daran, ob in der Begründung zur Kündigung unterschieden worden sei zwischen „Meinungsfreiheit“ und „eigenem Interesse“, gab es keine Erinnerung.

Auffällig ist auch die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung datiert auf den 31.3.2023 durch jedes einzelne Personalratsmitglied. Diese wurde allen, soweit das eindeutig festgestellt werden konnte, von der Vorsitzenden Fr. W. auf Bitte der Dienststellenleiterin Fr. L. vorgelegt, um den Eingang der Unterlagen beim BPR zu versichern. Jedes einzelne hatte die eidesstattliche Versicherung unterzeichnet, ohne sich zu fragen, von wem sie stammt, für wen sie ist und welchem Zweck sie dienen soll.

Wenngleich das eine oder andere glaubhaft geklärt werden konnte, blieb am Ende des Tages die Frage offen, ob wirklich alle Gründe für eine außerordentliche Kündigung gegeben waren, d. h. stellen die eingestellten Inhalte im privaten SM-Kanals der Ramona K. einen gravierenden, rechtswidrigen und schuldhaften Pflichtverstoß dar? War die Kündigung verhältnismäßig?

Erfolgte eine Interessenabwägung? Wenn auch nur eine einzige dieser Fragen nicht positiv beantwortet werden kann oder die Fristen nicht eingehalten wurden, ist die Kündigung lt. § 626 (1) BGB unwirksam.

Hat der BPR sich diese Fragen überhaupt gestellt? War er, gefangen in der eigenen Panik hervorgerufen durch die mediale Berichterstattung und die propagandistische Informationsflut vorgesetzter Stellen, überhaupt dazu in der Lage?

Die Verhandlung wird am 25.1.2024 fortgesetzt.

Der Fall Ramona K. - ein Kommentar von Maja García vom 08. Dezember 2023

Zur Beurteilung der Situation ist es unerlässlich, den historisch-gesellschaftlichen Hintergrund zu berücksichtigen, der bis auf einen Satz der Zeugin Frau W. vollkommen ignoriert wurde.

Die in der Coronazeit verbreitete Angst durch Politik und Medien, die auch von den Ministerien aus nach unten in die Ämter weitergeleitet wurde, hat für viele Menschen - egal ob Schüler, Eltern oder Lehrer - die Schulen aufgrund der dort verhängten Maßnahmen im wahrsten Sinne zu einem Ort des Grauens gemacht. Hierzu gehört auch das Verhalten von Vorgesetzten, die Bedienstete auch in deren Freizeit beobachten oder von zum Teil zwielichtigen Gestalten beobachten lassen, was den ein oder anderen an Stasimethoden erinnert. Ich selbst bin Lehrerin, habe es ebenso empfunden und mich im Laufe der letzten dreieinhalb Jahre mit sehr vielen verzweifelten Kollegen aus dem gesamten Bundesgebiet, mit anderen Eltern und auch einige Schüler intensiv unterhalten, die genauso wie Ramona K. bis heute unter den Maßnahmen und ihren persönlichen und gesellschaftlichen Folgen leiden.

Dass viele Lehrer und Vorgesetzte diesen Zustand mittragen haben können, zeigt, wie sehr sie in der Lage waren und zum Teil immer noch sind, die Realität und die Folgen ihres eigenen Handelns auszublenden. Stattdessen haben sie die Wortwahl der Propaganda übernommen, bezeichnen z. B. ihre eigenen Schüler als „vulnerable Gruppe“, ein Terminus, der sicherlich vor dem Jahr 2020 nie für diese verwendet wurde, selbst in einer Förderschule nicht. Auch wurden die Maßnahmen zu keinem Zeitpunkt hinterfragt, genauso, wie es der damalige Chef des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, im Juli 2020 bar jeglicher Vernunft gefordert hatte. Entsprechend wurde niemals gefragt, ob die Masken den Schülern oder einem selbst mehr schaden als nutzen könnten. Und auch im Nachhinein, wo der Schaden ganz offensichtlich und längst nachgewiesen ist, wird dies ausgeblendet. Entsprechend die Aussage des stellvertretenden Vorsitzenden des BPR, Herrn A.: „Für uns war nicht nachvollziehbar, wie man sich so gegen sämtliche Maßnahmen sperren kann. Jede Gefahr muss weg geschubst werden wegen der Ängste der Eltern und weil viele Kinder sehr anfällig sind.

Die Entscheidung der Personalräte, die Klägerin zu keinem Zeitpunkt anzuhören und statt dessen die außerordentliche Kündigung mindestens billigend hinzunehmen, zeigt die Unfähig- und wohl auch Unwilligkeit, sich in die Rolle dieser hineinzuversetzen. Ob dies mutwillig oder aus einem Ohnmachtsgefühl heraus geschieht, möge jeder von ihnen sich selbst beantworten.

Ohne Zweifel ist es die Pflicht eines jeden Beamten und eigentlich auch die jedes anderen Bediensteten und jedes Bürgers in Deutschland, aufzubegehren, wenn er - egal von wem auch immer - dazu aufgefordert wird, Handlungen zu vollziehen, die rechtswidrig sind. Von einem Staatsbediensteten sollte erwartet werden können, dass er mit den im Grundgesetz verankerten Grundrechten vertraut ist, Verstöße dagegen erkennen kann und dagegen vorgeht. Das hat Ramona K. gemacht, in ihrer Verzweiflung und eigenen Panik, wie viele andere bestimmt nicht immer sehr einfühlsam, aber sicherlich nicht so, dass hierin ein ausreichender Grund für eine außerordentliche Kündigung gesehen werden kann.

Vergessen sind nicht, die Begriffe, mit denen Maßnahmenkritiker wie Ramona K. in dieser Zeit ungestraft tituliert wurden, angefangen bei „Covidioten“ über „Terroristen“ bis hin zum „Blinddarm der Gesellschaft“, um nur eine sehr kleine Auswahl zu nennen.

Bleibt zu hoffen, der Richter teilt diese Ansicht und urteilt entsprechend, damit die Gesellschaft eine Chance zur Aufarbeitung und damit zum Zusammenwachsen bekommt.