Brot und Spiele

von Redaktion — über |

Wenn für die Ablenkung kein Geld und keine Energie mehr da sind

Kennen Sie diesen Ausdruck: Brot und Spiele? Erfunden haben dieses Prinzip die Römer. Der römische Staat war nicht gerade dafür bekannt, zugewandt und menschenfreundlich zu sein. 90% der Menschen waren in der römischen Gesellschaft Sklaven, also im Grunde keine Menschen, sondern das Eigentum von jemandem. Die Römer haben Kriege geführt und andere Länder überfallen und sich diese einverleibt. Einige besonders verrückte Kaiser der Römer (wie z.B. Nero) haben an Teilen der eigenen Bevölkerung Massenmorde verübt. Wie konnte das alles geschehen, ohne dass sich die Bevölkerung dagegen erhob? Das Prinzip ist einfach – es handelt sich dabei um das erwähnte Prinzip von „Brot und Spiele“. In der römischen Gesellschaft gab es für die relevanten Bevölkerungsteile eben genug zu essen (Brot) und für die geistige Ablenkung sorgten Massenevents, wie Gladiatorenkämpfe, Wagenrennen und andere Veranstaltungen. So war die Bevölkerung abgelenkt von den vielen Dingen, die in der römischen Gesellschaft für sie nicht in Ordnung waren. „Das ist weit weg von der heutigen Zeit und Gesellschaft“, sagen Sie? Glauben Sie das wirklich? Reicht Ihnen der Hinweis, dass wie durch Zufall oder magische unsichtbare Hand, immer genau zu sportlichen Großereignissen wie z.B. Fußball WMs die größten Sauereien, seitens der Regierungen im Schnelldurchgang durchgepeitscht wurden? Beispiele gefällig? Im Sommermärchen 2006 wurde die Mehrwertsteuer erhöht, zur WM 2010 der Krankenkassenbeitrag. Wollen wir weiter machen? Während des Halbfinales zur Europameisterschaft (Deutschland gegen Italien) beschließen im Bundestag zu dem Zeitpunkt 26 Abgeordnete den eingebrachten Gesetzentwurf zur Fortentwicklung des Meldewesens. Erkennen Sie, dass Brot und Spiele nach dem Fall des römischen Reichs nicht Geschichte sind? Auch in der Bundesrepublik galt lange die Devise, dass alles gut ist, solange der Wohlstand fließt und die Unterhaltung halbwegs erträglich ist. Das war der Deal seit Ludwig Erhard und dem Versprechen Wohlstand für alle.

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Gut, die Unterhaltung, also die Spiele wurden immer größer und damit das Ganze immer teurer. Schauen Sie sich die Entwicklung der Finanzströme nur allein in der Bundesliga an. Eine spannende Bundesligasaison konnte große Massen schon fast ein Jahr lang bannen und von wesentlichen Entwicklungen abhalten. Jetzt aber ist es vorbei damit. Die Wirtschaft bricht gerade zusammen, die Inflation, die Preissteigerungen bei Energie und den Spritpreisen kann nicht mehr einfach mit ein paar sportlichen Erfolgen vertuscht oder unter den Teppich gekehrt werden. Und dummerweise wird bei den Ablenkungen und Spielen einfach eine riesige Menge Energie verbraucht. Da macht sich das Inszenieren von Spielen einfach ganz schlecht, wenn gleichzeitig dem Pöbel erklärt wird, er solle kürzer duschen, nur den Waschlappen benutzen oder sich damit abfinden, dass 17 bis 19 Grad Celsius in Innenräumen ausreichend sein müssen.

Und schon winken die großen Spiele und Ablenkungen auch in unserer Region: Es sind nur noch wenige Tage bis zum Dieburger „Martinsmarkt“. Kommt während dieses Volksfestes der Aufschrei wegen der hohen Energiemenge, die da verbraucht wird? Viele bunte Lichter, Buden, Fahrgeschäfte, Heizpilze... wollen wir mal einen Energiezähler ans Ende des Martinsmarktes hängen und schauen, wie viel da durch den Schornstein geblasen wird? Ich möchte derzeit nicht Entscheidungsträger sein, denn für diese besteht ein echtes Dilemma: Lassen sie Volksfeste stattfinden, ist es ein Skandal angesichts der derzeitigen Sanktions- und Energiepolitik. Lassen sie die Volksfeste nicht stattfinden, ist es ein Skandal, weil schon wieder „Absagen“ die letzten der uns noch verbliebenen Traditionen hinwegwischen.

Wir sind in einer Situation, in der das Brot weniger wird und die Spiele nicht mehr funktionieren, bzw. gar nicht stattfinden dürfen. Was glauben Sie, hätten die Bürger Roms gemacht, wenn es plötzlich kein Brot und keine Spiele mehr gegeben hätte? Aber die Römer hatten ja noch keine Massenmedien und damit nicht die Möglichkeiten jeden zum Staatsfeind zu erklären, der das derzeitige Regierungshandeln in Frage stellt.

Autor: Dirk Hüther