Der Fall der Professorin Nicole Deitelhoff
Mit dem Versprechen „Wir vergessen nicht!“ sind im Netz immer wieder die Bilder derjenigen Personen aus Politik, Medizin und Gesellschaft zu sehen, die im Corona-Geschehen mit Maßnahmen oder Äußerungen besondere Schuld, nämlich Irreführung, Panikmache und Hetze gegen Ungeimpfte, auf sich geladen haben. Die Entwicklung der Ereignisse in und um die Ukraine legen die Vermutung nahe, dass es am Ende des Krieges wichtig sein wird, die zahlreichen Kriegstreiber hierzulande namentlich zu benennen und zumindest zur moralischen Verantwortung zu ziehen. So sollten bereits jetzt die Namen jener notiert werden, die sich besonders dadurch „ausgezeichnet“ haben, das Massensterben im Osten Europas zu propagieren.
Es sind aber nicht nur die Namen von Baerbock, Strack-Zimmermann, Hofreiter oder auch von Scholz und Merz, die in Erinnerung bleiben sollten, sondern auch derjenige der Politologin und „Friedensforscherin“ Nicole Deitelhoff in Frankfurt am Main. Frau Deitelhoff ist ein öffentlich sehr umtriebiges Vorstandsmitglied der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung. Da die 49-jährige Professorin durchaus sympathisch, sehr eloquent und stets im Namen der „Wissenschaft“ auftritt, muss sie wesentlich ernster genommen werden, als die intellektuell wie rhetorisch stark limitierte grüne Außenministerin oder die nervtötende FDP-Rüstungsfurie aus Düsseldorf.
Und genau deshalb lohnt eine nähere Beschäftigung mit Frau Deitelhoff schon aus exemplarischen Gründen. Die Politologin verbreitet bei ihren zahlreichen Auftritten nämlich die Botschaft, dass es für Verhandlungen im Ukraine-Krieg keine Grundlage geben könne, bevor nicht Kiew durch militärische Erfolge gegen Russland in einer wesentlich besseren Lage sei. Mit anderen Worten: Die Ukrainer (und auch die Russen) sollen weiter bluten und sterben. Das ist für eine „Friedensforscherin“ eine sehr befremdliche Position. Doch für Frau Deitelhoff, das betont sie immer wieder und nicht ohne Erfolg, ist das lediglich der wissenschaftlich gesicherte Stand der Friedens- und Konfliktforschung.
Das provoziert die Frage, wie es sein kann, dass eine Institution wie diese hessische Stiftung, die These vertreten kann, der Ukraine-Krieg könne erst dann von Verhandlungen begleitet oder beendet werden, wenn die massiv von der NATO unterstützte Selensky-Regierung den Russen eine spektakuläre militärische Niederlage bereitet hat. Auf dem Schlachtfeld sieht es jedenfalls anders aus. Denn dort verfolgen die Russen nach dem Scheitern eines Blitzsieges längst eine Zermürbungsstrategie, die sie allemal länger durchhalten können, als ihr Gegner, der an schweren Verlusten leidet.
Selbstverständlich hat Frau Deitelhoff keine Sympathien für das Anliegen von Wagenknecht, Schwarzer und vielen anderen, so schnell wie möglich eine Verhandlungslösung zu erreichen. Allerdings gibt sie vor, ein gewisses Verständnis für diejenigen zu haben, die das alte Motto verinnerlicht haben „Frieden schaffen ohne Waffen“, doch noch nicht die neue Devise begreifen können, also „Waffen liefern, um Frieden zu schaffen“. Die Politologin, zweifellos eine Grüne oder den Grünen sehr nahe stehend, gesteht den „einfachen Bürgern“ deshalb großmütig das Recht zu, ihre Ängste zu äußern. Und selbstverständlich sei auch Demonstrieren für den Frieden erlaubt – jedenfalls so lange das ohne Konsequenzen bleibt.
Die „Friedensforscherin“ lässt bei ihren Auftritten und in ihren Publikationen keine Zweifel, auf welcher Seite sie steht, also der des „Wertewestens“. Das wird honoriert, denn sie war, so berichtet sie nicht ohne Stolz, zur diesjährigen Münchner „Sicherheitskonferenz“ eingeladen, dem alljährlichen transatlantischen Hochamt des westlichen Militarismus. In der Regel hat Frau Deitelhoff leichtes Spiel mit einem meist älteren, vom Ukraine-Krieg unangenehm im Wohlstandsschlaf aufgestörten Publikum, das gerne auch bereit ist, Putin als den aktuellen Hitler zu betrachten.
Bekommt die Professorin jedoch Gegenwind, dann lässt sie die freundliche Maske fallen. Wie zum Beispiel bei einer Veranstaltung in Frankfurt, bei der sie den international renommierten linken (!) Soziologen Wolfgang Streeck unter Hinweis auf eine Passage in einem seiner Bücher als „Rassisten“ diffamiert. Das ist bei Streeck völlig absurd, aber ihr älterer Soziologie-Kollege ist ein Unterzeichner der Wagenknecht/Schwarzer-Initiative und Kritiker der deutschen Kriegstreiberei.
In Nicole Deitelhoff hat diese unselige Szene eine nicht zu unterschätzende Verbündete. Ihr Name und ihre Aktivitäten sollten aufmerksam registriert und beobachtet werden. Denn es ist das Blut und der massenhafte Tod anderer, der solche Karrieren vorantreibt.
Gastautor: Wolfgang Hübner, Frankfurt/Main