Gemeinsame Agrarpolitik der EU - Segen oder Fluch?

von Redaktion — über |

Ein Blick in die Region

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Nach dem 2. Weltkrieg herrschte in Europa Nahrungsmittelknappheit, die Landwirtschaft lag am Boden. Die 6 Gründungsstaaten der EG beschlossen 1958 eine gemeinsame Agrarpolitik (GAP). Ursprüngliches Ziel der GAP war die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln, unabhängig von Importen, und eine gesteigerte Produktivität, um die Menschen in Europa mit günstigen Lebensmitteln zu versorgen. Seit der Gründung wurde die GAP mehrfach reformiert. Die GAP soll weiterhin die Nahrungsmittelsicherheit der Bevölkerung gewährleisten, darüber hinaus den ländlichen Raum, auch in Hinsicht auf den Klimaschutz, stärken, das Tierwohl verbessern und den Landwirten eine gewisse finanzielle Sicherheit bieten. Sind Maßnahmen wie Milchquote, Subventionen, Flächenstilllegungsregeln, Düngemittelverordnungen usw. wirklich im Interesse der Landwirte und Verbraucher? Schadet oder nützt die GAP mit ihren Verordnungen der Landwirtschaft? Klartext ist diesen Fragen nachgegangen und hat Fragebögen an regionale Landwirte aus verschiedenen Bereichen der Landwirtschaft verteilt. Geantwortet haben Voll- und Nebenerwerbs- und auch Hobbylandwirte aus den Bereichen Milchwirtschaft, Tierhaltung und Ackerbau im Alter von 22-71 Jahren. Sicher ist diese Umfrage keine wissenschaftliche Arbeit und erhebt keinen Anspruch auf repräsentative Vollständigkeit, aber auf jeden Fall zeigt diese offene Befragung einen qualitativen und quantitativen Querschnitt durch die regionale Landwirtschaft.

Die Auswertung der Fragebögen zeigt ein klares Ergebnis. Landwirt ist ein anstrengender Beruf mit viel Arbeit (24/7) und wenig Freizeit. Hauptmotivation der Landwirte ist die Freude an der Arbeit mit der Natur. Wer nicht von der Landwirtschaft leben muss, hat die Frage, ob der Beruf noch Spaß macht und ob die nächsten Generationen den Betrieb weiterführen, eindeutig mit JA beantwortet.

Einig waren sich alle Befragten, dass die GAP sich negativ auf die Landwirtschaft in Deutschland auswirkt. Zu viel Bürokratie, zu viele Auflagen und Verordnungen, Wettbewerbsverzerrung, Vernichtung kleiner Familienbetriebe etc. wurden hier als Gründe genannt.

Auch Corona war für viele Landwirte eine große Belastung. Angefangen bei Ausfällen in den Schlachthöfen bis zur Umsetzung der Hygienemaßnahmen im Hofladen.

Im Moment explodieren die Verbraucherpreise bei Lebensmitteln. Die Landwirte erhalten jedoch bisher kaum höhere Preise für ihre Produkte. Die Preissteigerung wird vom Handel nicht an die Erzeuger weitergegeben. Hat der Landwirt einen eigenen Hofladen oder verkauft auf Wochenmärkten, kann er zumindest dort für seine Produkte faire Preise verlangen.

Was wünschen sich die heimischen Landwirte von der Politik und von uns als Verbraucher? Auch hier waren sich alle Befragten einig: Weniger Einmischung durch die Politik, Gewinnerzielung durch Produktion statt durch Subventionen, mehr Regionalität, faire Preise, Wertschätzung der harten Arbeit. In den letzten 20 Jahren hat sich die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe in vielen Landkreisen fast halbiert. Geht diese Entwicklung so weiter, wird sich auch unsere schöne Gegend massiv verändern. Ob man die Politik durch Bauernproteste, wie z.B. im Sommer dieses Jahres in den Niederlanden oder alle paar Wochen samstags hier bei uns in Frankfurt/Main, zum Umdenken bewegen kann, wird man sehen.

Wir Verbraucher hingegen können die regionale Landwirtschaft auf jeden Fall unterstützen. Hier reicht eine Änderung des eigenen Kaufverhaltens. Regional und saisonal einkaufen, Hofläden nutzen, Mitglied in einer solidarischen Landwirtschaft werden und die Arbeit der Landwirte dadurch anerkennen. Oder gleich in Gemeinschaftsgärten eigenes Obst und Gemüse anbauen. Tierschutz und Umweltschutz kosten Geld und sind jedenfalls nicht allein Sache der Landwirte. Wir als Verbraucher müssen auch bereit sein, ein paar Cent mehr für ein Produkt zu bezahlen oder selber unsere Hand anlegen. Geld und Zeit kommen direkt bei den Erzeugern an und zusätzlich tue ich mir und meinem Körper etwas Gutes, indem ich mich gesund ernähre.

Autorin: Sandra Hertweck