Ist das noch Satire?

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Unsere Gesellschaft im Fokus

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Normalerweise ist Satire eine Kritik von unten nach oben, sprich vom Bürger gegen die „Mächtigen“ in den Feldern Gesellschaft, Politik und Wirtschaft. Meine Erlebnisse der letzten Wochen und Monate veranlassen mich allerdings, unsere Gesellschaft unter die Lupe zu nehmen und, der geneigte Leser möge mir verzeihen, diese ist nur mit einer gehörigen Portion Sarkasmus/Zynismus überhaupt noch zu ertragen.

In der letzten Zeit entwickelt sich in unserer Gesellschaft etwas, das ich als „Pseudo-political-correctness“ bezeichne. Political Correctness („PC“) fordert auf, gesellschaftliche und sprachliche Normen einzuhalten, um tatsächlich oder scheinbar benachteiligte Gruppen nicht in ihren Gefühlen zu verletzen. Sieht man das Ganze positiv, kann es ein Segen sein. Mir begegnet es aber immer wieder im negativen Sinn, nämlich in Form einer Zurechtweisung von eigenverantwortlich denkenden und handelnden Menschen. Ganz auffällig ist das im Netz, wo sich der Mensch anonym fühlt und sich deshalb ungeniert austobt und manchen Shitstorm startet. Was hat ein Nutzer davon, unter einem Foto liebevoll gestalteter Ostereier, Bilder von gequälten Hühnern in Legebatterien zu posten?

Unterstellt er, dass alle, die Eier essen, diese im Supermarkt kaufen? Würde er Eier im Discounter kaufen? Zieht er in Betracht, dass die besagten Ostereier von glücklichen Hühnern vom Bauern um die Ecke sind? Vermutlich nicht. Wenn es so etwas wie Ernährungsterrorismus gibt, dann ist das für mich ein Beispiel dafür.

Wenn das so weiter geht, müssen Nichtveganer irgendwann mit ihrer Bratwurst bei den Rauchern vor der Tür stehen und dort essen. Eine weitere Facette von „Pseudo-political-correctness“, die ich persönlich noch schlimmer finde, sind die „Gutmenschen“, die im freundlich belehrenden Ton zu allem ihren Senf geben müssen. Jeder der Facebook, Insta etc. nutzt, weiß, was ich meine. Ein Nutzer stellt in einer Gruppe eine Frage und schon geht es los:

Frage – guter Ratschlag – Korrektur der Rechtschreibfehler des Fragestellers – Beleidigung – Kritik am Korrektor – Abraten – Streit zwischen zwei Kommentatoren – Hinweis der Admins auf die Gruppenregeln – usw. Am Ende ist der Chat übervoll, die ursprüngliche Frage völlig vergessen, mindestens zwei Nutzer gesperrt und die Kommentarfunktion ebenfalls.

Dieses Verhalten begegnet einem fast täglich, in etwas abgeschwächter Form auch im Alltag. Natürlich geht es hier meist etwas gesitteter zu, denn man möchte sich ja nicht blamieren. Dennoch gibt es auch hier immer mehr Menschen, die einen den Kopf schütteln lassen. Sei es die Dame im Parkhaus, die mit ihrem Einkaufswagen gegen ein Auto rempelt und daraufhin die Fahrerin beschimpft, dass sie zu doof zum Fahren sei, die Besucherin des Kunsthandwerkermarktes, die lautstark an den liebevoll gestalteten Ständen zum Besten gibt, dass sie die Produkte für den üblichen Kitsch hält oder die vielen Autofahrer, die täglich die Straßen unsicher machen und dabei denken, sie würden fahren wie ein junger Gott und zu blöd seien nur die anderen. Solche Autofahrer gibt es bestimmt schon, seit es Autos gibt und vorher waren es die Kutschenlenker, dennoch habe ich den Eindruck, es werden täglich mehr.

Wann haben wir begonnen, alles so massiv zu werten und persönlich zu nehmen? Wo sind die Ursachen dafür? Wer beeinflusst diesen Trend? Sind wirklich so viele Menschen „Psychos“? Gibt es einen Weg zu einem „Miteinander“, zu wirklicher Kommunikation (Sender + Empfänger)? Was braucht es für mehr Gelassenheit und Eigenverantwortung?

Schon meine Oma hat gesagt: „Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg' auch keinem andern zu.“ Ist dieser einfache Satz eine mögliche Lösung? Vielleicht regt mein kleiner Artikel zum Nachdenken über das Thema an und wenn nicht, hat es mir geholfen, einige Dinge los zu werden und bis eine Lösung in Sicht ist, rettet mich die Satire und mein Sarkasmus. Ich lächle und mache weiter mit dem Tag, um keine Gespräche führen zu müssen, die so zielführend sind wie zwei Stunden Kreisverkehr.

Autorin: Sandra Hertweck