Kommunaler Bürgerentscheid verhindert Containerdorf zur Unterbringung von „Weltflüchtlingen“

von Redaktion — über |

Am Sonntag, den 18.06.2023 fand in Greifswald (Mecklenburg-Vorpommern) ein Bürgerentscheid statt. Die Frage, über die der Bürger entscheiden sollte: "Sind Sie dafür, dass im Eigentum der Universitäts- und Hansestadt Greifswald stehende Grundstücke zwecks Errichtung von Containerdörfern zur Unterbringung von Geflüchteten an den Landkreis Vorpommern-Greifswald verpachtet werden?"

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65% der Stimmen entfielen laut vorläufigem Ergebnis auf die Antwort "NEIN", 35% auf „JA“. Die Wahlbeteiligung lag bei 45 Prozent. Somit dürfen in den kommenden 2 Jahren keine Wohncontainer zur Unterbringung von Flüchtlingen auf öffentlichem Gelände der Gemeinde aufgestellt werden.

Somit ist der Bürgerentscheid (Hess. Gemeindeordnung §8b) auf Gemeindeebene offenkundig geeignet, um zumindest solche Containerunterkünfte auf öffentlichen Flächen der Bürger zu unterbinden.

Aber: Grundsätzlich wird mit diesem Instrument eine Zuteilung von "Weltflüchtlingen" an die Gemeinden nicht generell verhindert; jedoch in der Umsetzung doch vernünftig beeinflusst. Solche Bürgerbegehren sind eine Form der Bürger zur Nutzung direkter demokratischer Mitspracherechte; im Ergebnis aber auch ein politisches Zeichen in Sachen Zuwanderungspolitik.

Auch wird somit ein Handlungsdruck auf die Verantwortlichen in der Politik ausgeübt. Sie müssen damit rechnen, dass ein „immer weiter so“ in Sachen Zuwanderungspolitik auf Dauer keine Akzeptanz mehr beim Bürger findet. Der Bürgermeister ist an den Bürgerwillen gebunden und muss selber mehr Druck auf vorgeschaltete Instanzen ausüben - von unten nach oben.

Aber auch die Bürgervertretung einer Gemeinde könnte solche Bürgerentscheide initiieren, das nennt sich dann "Vertreterbegehren" (HGO §8b). Danach könnten Sie mit einer 2/3 Mehrheit per Beschluss einen Bürgerentscheid jederzeit initiieren. Ein höchst demokratisches Mittel zur Förderung von mehr direkter Demokratie für die Bürger. Eine zeitaufwändige Sammlung von Unterstützerunterschriften zu Beginn durch den Bürger würde entfallen.

Der nächste günstige Termin für Bürgerentscheide in Hessen wäre der 8. Oktober, zusammen mit der Hessentagswahl. Der Wähler wird sowieso an die Urne gerufen und eine höhere Wahlbeteiligung ist auch für das Bürgerbegehren zu erwarten.

Mehr Bürgerbegehren zu initiieren - durch den Bürger selbst oder durch seine Vertreter – das ist neben der Nutzung des Versammlungsrechtes (Straßenprotest) eine weitere wichtige Initiative, um aktiv in den Meinungsbildungsprozess einzugreifen.

Mindestens genauso wichtig wie Straßenproteste und Bürgerbegehren wäre es aber auch, wenn viel mehr kritische Bürger sich direkt in der Kommunalpolitik engagieren würden! Denn hier treffen sich die Vertreter aller Wahlberechtigten regelmäßig. In monatlichen Hauptsitzungen, aber auch – und diese sind fast noch wichtiger – in den sog. Ausschüssen. In diesen Ausschüssen werden die Beschlüsse vorab ausführlich diskutiert und vorbereitet - und somit quasi oft „vorentschieden“. Sie finden übrigens auch grundsätzlich öffentlich statt.

Man muss sich auch vor Augen halten: jeder der 37 Bürgervertreter in einer durchschnittlichen Gemeinde von 20.000 Einwohnern vertritt wiederum ca. 540 Wähler. Es ist viel effizienter, diese 37 Vertreter in ihrem Meinungsbildungsprozess zu beeinflussen, als 20.000 Einwohner durch Versammlungen, Flugblätter etc. Es ist auch nicht so wichtig, in welcher Partei oder Wählergruppe man sich kritisch einbringt. Bei genügend Mitstreitern kann auch eine eigene Wählergruppe entstehen, die dann ins Gemeindeparlament neu einzieht. In kommunalen Parlamenten kann man viel politische Erfahrung sammeln und oft sind sie später ein Sprungbrett ins Kreis-, Landes- oder gar Bundesparlament. Am Anfang steht die Kandidatur - sie alleine ist schon ein Stück politische Veränderung - oder Widerstand.

Gastautor: Jochen Amann, Büdingen / Politischer Aktivist und parteiloser Stadtverordneter