Landesverfassung und Bürgerbeteiligung

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Demokratie wagen – Machen ist wie wollen; nur krasser

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Immer mehr Bürger sind mit den Entscheidungen der Regierenden, sowohl auf Landes- als auch auf kommunaler Ebene, mehr als unzufrieden. Auch zeigt die Erfahrung der letzten Jahrzehnte, dass es ziemlich gleichgültig ist, wer im Polittheater gerade die Hauptrolle spielt und wer die Nebenrollen besetzt. Die „Ent-Täuschung“ der Bürger führt zu Parteienfrust, Politikverdrossenheit und schlussendlich zu mehr oder weniger stark sinkenden Wahlbeteiligungen.

Damit spielen sich die Akteure auf der politischen Bühne bewusst ins Abseits, um außerhalb des Rampenlichts ungeniert agieren zu können. Vor dem Hintergrund des steilen Absturzes sowohl von Wirtschaft und Wohlstand als auch Gerechtigkeit und Anstand im Land, wird es höchste Zeit, dass wir Bürger die Geschicke unseres Landes selbst in die Hand nehmen und von unseren verfassungsgemäßen Rechten Gebrauch machen. In der Landesverfassung heißt es dazu: „Die Staatsgewalt liegt unveräußerlich beim Volke" (Artikel 70).

Die Verfassung des Landes Hessen räumt den Bürgern konkrete und umfassende Rechte ein: Auf der Ebene des Landes sind Volkswahl, Volksbegehren und Volksentscheide als unmittelbare Handlungen vorgesehen (Artikel 71). Dem Gesetzestext der hessischen Verfassung folgend wird die Gesetzgebung „durch das Volk im Wege des Volksentscheids“ oder „durch den Landtag“ ausgeübt. Hervorzuheben ist, dass in Artikel 116 der hessischen Verfassung das Volk vor seinen gewählten Vertretern genannt wird. Die entsprechenden Gesetzentwürfe werden von der Landesregierung, aus der Mitte des Landtags oder durch Volksbegehren eingebracht (Artikel 117).

Ein Volksbegehren kann auf Erlass, Aufhebung oder Änderung eines Gesetzes gerichtet sein. Für die Zulassung eines Volksbegehrens bedarf es zunächst eines Antrags, der von mindestens 1% der bei der letzten Landtagswahl Wahlberechtigten unterzeichnet werden muss. Stand 2022 sind dies 43.728 Wahlberechtigte. Wird dem angestrebten Volksbegehren stattgegeben, müssen innerhalb von 2 Monaten 5% der hessischen Wahlberechtigten durch eine Eintragung in besonderen Listen, die vorwiegend bei Behörden und Ämtern ausliegen, das Begehren befürworten. Stand 2022 werden also 218.640 Unterschriften benötigt. Sind alle Voraussetzungen eines Volksbegehrens erfüllt, so wird ein Volksentscheid durchgeführt, wenn der Hessische Landtag diesen Entwurf nicht direkt als Gesetz beschließt.

Ein in einem Volksentscheid zur Abstimmung gestellter Gesetzentwurf ist angenommen, wenn die Mehrheit der Abstimmenden dem zugestimmt hat. Diese Mehrheit muss mindestens 25% der Wahlberechtigten repräsentieren. Stand 2022 sind dies 1.093.197 Personen.

Gegenstand eines Volksentscheids können nur ausgearbeitete Gesetzentwürfe - nicht dagegen allgemeine politische Fragestellungen - sein; ausgeschlossen sind Gesetze über Haushalt, Abgaben und Besoldung.

Auf kommunaler Ebene bieten Bürgerentscheide Mitbestimmungsrechte bei politischen Sachfragen. Der Antrag dazu ist das Bürgerbegehren, welches nur über Fragen durchgeführt werden kann, die Gemeinden in Eigenverantwortung beschließen können.

Ein Bürgerbegehren kann jeder Bürger starten, der mit einem Beschluss der Gemeinde nicht einverstanden ist oder der etwas Neues durchsetzen will. In Gemeinden mit mehr als 100.000 Einwohnern müssen mindestens 3 % der auf kommunaler Ebene Wahlberechtigten unterzeichnen (Bei mehr als 50.000 Einwohnern mind. 5%, darunter mind. 10%).

Der Bürgerentscheid wird durch die einfache Mehrheit angenommen, wenn, abhängig von der Größe der Gemeinde, mindestens 15, 20 oder 25% der Stimmberechtigten ihre Stimme abgegeben haben.

Machen ist wie wollen - nur krasser!
Wer startet das nächste Volksbegehren oder den nächsten Bürgerentscheid? Interessant ist dabei noch zu wissen, dass für die Bürger keine Kosten entstehen und die jeweiligen Behörden und Ämter im Rahmen der Verfahren Auskunft erteilen müssen. Dies stellt eine erfolgversprechende Möglichkeit dar, an Informationen zu gelangen, die sonst so ggf. nicht zugänglich sind. Aus Sicht des Autors sollten die den Bürgern zustehenden Rechte, in Anbetracht der auf dem Spiel stehenden Zukunft des Landes, seiner Bürger und der nächsten Generation, genutzt werden. Wer Interesse an solchen Vorhaben und ggf. bereits konkrete Planungen für die Umsetzung hat, schreibt bitte an die Redaktion unter redaktion@klartext-rheinmain.de. Demokratie lebt schließlich vom mitmachen!

Autor: Chris Barth