OHNE NATO KEIN KRIEG IN DER UKRAINE …

von Redaktion — über |

… und ohne NATO-Osterweiterung keine russischen Truppen in der Ukraine!

08_Ohne_Nato_kein_Krieg_Freepik_kl.jpg

Menschen, die sich dem bellizistischen Zeitgeist entgegenstellen, die nach Frieden und Abrüstung rufen statt nach immer mehr Waffen und immer mehr Krieg, werden dafür vielfach unverblümt als »Lumpenpazifisten« diffamiert.

Oder auch als »Sowjetgeneral« tituliert, wie der ehemaligen Bundeswehr-Generalinspekteur und langjährige Vorsitzende des NATO-Militärausschusses, General a. D. Harald Kujat, im Juli 2024 in der Neuen Zürcher Zeitung. Als weitere prominente Opfer fallen mir zum Beispiel Ulrike Guérot ein oder Günter Verheugen oder auch Klaus von Dohnanyi. Das Hauptproblem besteht, seitdem die Russische Föderation ihren Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen hat, meines Erachtens darin, dass eine Spezies militärpolitischer Geisterfahrer(innen) in den vermeintlichen »Qualitätserzeugnissen« einer Presse- und Talkshow-Meute, die sich USA- und NATO-hörig in vorauseilendem Gehorsam des eigenen Verstandes entledigt und freiwillig gleichgeschaltet hat, die rhetorische Luftherrschaft besitzt.

Ich habe mich in Hunderten von Beiträgen in Fachzeitschriften und Fachbüchern, mit sicherheitspolitischen Themen auseinandergesetzt. Was den Konflikt in der Ukraine angeht, geschah dies erstmalig im März 2014 nach dem vom Westen, insbesondere den USA, inszenierten rechtsradikalen Putsch auf dem Maidan in Kiew. Seitdem hatte ich diesen Konflikt im Blick, der sich ja im Kontext einer nach dem Ende des Kalten Krieges immer aggressiveren Politik der NATO unter Rädelsführerschaft der US-amerikanischen Imperialmacht entfaltete. Ohne dies in der eigentlichen Komplexität an dieser Stelle ausführen zu können, lässt eine genaue Analyse der Faktenlage nur einen einzigen möglichen Befund zu: Ohne NATO kein Krieg in der Ukraine und ohne NATO-Osterweiterung keine russischen Truppen in der Ukraine!

Die Ursachen des Ukraine-Krieges? Wäre dieser vermeidbar gewesen?

Hierzu haben sich ja unter anderem die ehemalige Bundeskanzlerin Merkel und der vormalige französische Präsident Hollande geäußert, als sie in Zeitungsinterviews bekundeten, dass die sogenannten Minsker Abkommen lediglich bezweckten, Zeit für die Aufrüstung der Ukraine und die Ausbildung der ukrainischen Streitkräfte nach NATO-Standards zu gewinnen. Der Ukrainekrieg wurde von der NATO, insbesondere den Verbündeten USA, Großbritannien, Kanada, Polen und den baltischen Republiken, seit spätestens 2014 systematisch vorbereitet und herbeigeführt. Der Angriff vom 24. Februar 2022 wäre leichterhand vermeidbar gewesen, wenn die NATO auch nur im Ansatz bereit gewesen wäre, mit der russischen Regierung über die Verhandlungsvorschläge vom Dezember 2021 zu reden. Mittlerweile hat der bisherige NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg die Verantwortlichkeit der NATO für die Auslösung des Krieges in der Ukraine zugegeben, als er ausführte:

»Man muss bedenken, dass seit der illegalen Annexion der Krim 2014 die NATO-Alliierten Zehntausende von ukrainischen Soldaten geschult haben, die jetzt an der Front stehen. Und wir haben sie ausgerüstet. Die ukrainische Armee ist jetzt wesentlich stärker, viel besser ausgerüstet als 2014. […] Hintergrund war das, was Präsident Putin im Herbst 2021 erklärte und wozu er tatsächlich einen Vertragsentwurf geschickt hat, den die NATO unterzeichnen sollte, mit dem Versprechen, dass es keine weitere NATO-Erweiterung gebe. […] Und das war … Vorbedingung dafür, nicht in die Ukraine einzumarschieren. Das haben wir natürlich nicht unterschrieben. Das Gegenteil ist eingetreten. Er wollte, dass wir dieses Versprechen unterschreiben, niemals die NATO zu erweitern. […] Also zog er in den Krieg, um die NATO, mehr NATO, in der Nähe seiner Grenzen zu verhindern.«

Die Friedensverhandlungen im Frühjahr 2022 wurden vom Westen torpediert, russische und andere Vorschläge für neue Verhandlungen ignoriert. Für Kiew zählt anscheinend weiter nur ein Siegfrieden mithilfe westlicher Waffen. Wie soll das enden? Welche Chancen gibt es noch für eine Verhandlungslösung? Der Ausgang des Krieges bleibt bis auf weiteres im Pulverdampf verborgen, obwohl die Zeit zugunsten Russlands zu arbeiten scheint.

Der Angriffskrieg der Russischen Föderation gegen die Ukraine bewirkte, dass die europäischen Verbündeten der USA, allen voran die Bundesrepublik Deutschland, sich seitdem wieder, ganz im Sinne Zbigniew Brzezińskis, vorbehaltlos in die ihnen seitens der US-Hegemonialmacht zugedachte Rolle als »Vasallen« und »Tributpflichtige« fügen. Die Europäische Union hat bei der Bewältigung der Ukraine-Krise in einem historischen Ausmaß versagt, und sie wird zu den großen Verlierern dieser Krise zählen. Sie hat die Krisenregie vollständig an die USA abgetreten und die europäische Stabilität und Friedensordnung sowie den Wohlstand ihrer Bürger den imperialen geopolitischen Zielen der USA untergeordnet. Damit hat sie es ermöglicht, dass die US-Kontrolle über Europa in den nächsten Jahrzehnten erheblich ausgeweitet und verfestigt werden kann. De facto sind die EU-Staaten zu Satellitenstaaten der USA geworden-, also zu deren Befehlsempfängern.

Von der deutschen Friedensbewegung ist aktuell leider zu wenig zu hören, selbst nachdem Washington und Berlin verkündet haben, in Deutschland neue US-Mittelstreckenraketen gegen Russland aufzustellen.

Seit Ende des Kalten Krieges schrumpfte die Friedensbewegung stark, da sich der Eindruck aufdrängen musste, dass die angestrebten Ziele Abrüstung und Frieden zumindest in Europa erreicht worden waren – wozu also noch eine Friedensbewegung? Daran änderten auch die von der NATO respektive von führenden NATO-Verbündeten gegen die Volksrepublik Jugoslawien sowie vornehmlich im Nahen und Mittleren Osten geführten Angriffskriege nichts. Bei der Mehrheit im Lande bestand kein Leidensdruck mehr, denn die Atomraketen waren ja weg. Die im politischen Hinterstübchen vereinbarte Stationierung US-amerikanischer Mittelstreckenwaffen und deren hochgefährliche Implikationen sickern nur ganz langsam ins politische Bewusstsein derjenigen BürgerInnen außerhalb der traditionellen friedensbewegten Kreise.

Bestimmende Faktoren hierfür könnten die Feindbildpropaganda gegenüber Russland sein, die Komplexität der sicherheitspolitischen und waffentechnologischen Materie sowie die Wahrnehmung, dass es ja nicht um Nuklearwaffen, sondern »nur« um konventionelle Waffensysteme gehe.

Gastautor: Oberstleutnant a.D. Jürgen Rose