Stiftung Friedensmal: Ein offener Brief an die Politik

von Redaktion — über |

Sehr geehrte Damen und Herren,

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mit diesem Schreiben möchte ich die Gelegenheit wahrnehmen, die Entwicklung und die aktuelle Ausrichtung des Projektes ‚Friedensmal‘ näher zu beleuchten. Es ist mir ein wichtiges Anliegen, die Hintergründe und die Beweggründe für eine Erweiterung des Konzeptes umfassend darzulegen, um ein klares Bild der damit verbundenen Vision und Intention zu vermitteln. Ihre Aufmerksamkeit für die Geschichte und die Transformation des Friedensmals, sowie dessen Bedeutung für unsere Gemeinschaft und die kulturelle Entwicklung, schätze ich sehr.

Hintergrund und Entwicklung des Friedensmals

Das Friedensmal, ein Projekt das ich vor über zwei Jahrzehnten ins Leben rief, wurzelt in einer Vision von Versöhnung und Verständigung, insbesondere im deutsch-jüdischen Kontext. Es zielt darauf ab, das jüdische und christliche Erbe zu würdigen und eine Brücke zwischen verschiedenen Traditionen zu bauen, um eine Heilung alter Wunden und gegenseitige Anerkennung zu fördern. Es soll um ein gemeinsames Wirken für das Leben gehen.

Ein Schlüsselelement dieser Vision ist die Metapher des 'himmlischen Jerusalems' (Yerushalayim) als Symbol des Friedens und der spirituellen Verbindung, welche die tiefen historischen und kulturellen Bande zwischen unserer Region und der jüdischen Tradition betont. Dies bezieht sich auch auf das historische ‚Jerusalem am Rhein‘. Ein weiterer wichtiger historischer Bezug des Friedensmals besteht zum Standort eines ehemaligen Außenlagers des KZ Natzweiler-Struthof in Bensheim-Hochstädten unterhalb des Denkmals, was die Bedeutung von Erinnerung und Versöhnung unterstreicht. Diese spirituellen und historischen Bezüge gehören zum Fundament, auf dem die universelle Botschaft des Friedensmals aufbaut und das es durch alle Veränderungen hindurch trägt.

Meine Geschichte mit dem Friedensmal, sowohl als Künstler, Gestalter und Autor als auch auf persönlicher Ebene, reflektiert mein Engagement für die kulturellen und spirituellen Dimensionen von Frieden und Versöhnung. Die Realisierung des Friedensmals war eine Reise voller bedeutender Begegnungen und Erkenntnisse, die sowohl professionelle als auch persönliche Herausforderungen mit sich brachten. Diese Erfahrungen führten zu einer kontinuierlichen Weiterentwicklung des Projekts, um den sich ändernden Bedürfnissen einer dynamischen Welt gerecht zu werden und dabei die ursprünglichen Ziele des Friedensmals zu bewahren.

Herausforderungen und Erfahrungen

Die Entwicklung des Friedensmals war geprägt von Herausforderungen, die im März 2024 eine wesentliche Erweiterung des Konzeptes erforderlich machten. Die Zusammenarbeit mit jüdischen, christlichen und deutschen Organisationen im Bereich der Erinnerungskultur war besonders herausfordernd. Trotz intensiver Bemühungen um dauerhafte Kooperationen, stieß ich oft auf Zurückhaltung oder Ablehnung, was die komplexe Natur interreligiöser Verständigung und die sensiblen Aspekte historischer Belastungen offenbarte.

Ein weiteres zentrales Hindernis war die politische Landschaft in Deutschland, vor allem der Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit. Die zunehmende Instrumentalisierung der Geschichte für politische Zwecke hat einen offenen und ehrlichen Dialog über die Vergangenheit erschwert. Dies beeinträchtigt die Fähigkeit, aus der Geschichte zu lernen und die Zukunft zu gestalten. Die Politisierung der deutschen Geschichte, oft im Kontext eines ‚Kampfes gegen Rechts‘, beeinträchtigte das Friedensmal erheblich. Die verbreitete Praxis, politische Gegner voreilig und ohne Beweise als „Nazis“ oder „Antisemiten“ zu diffamieren, untergrub die Möglichkeit eines konstruktiven Austauschs. Dies führte zu Missverständnissen über die Ziele und Botschaften des Friedensmals und beeinflusste seine Rolle als neutraler Ort des Dialogs. Das Friedensmal, ursprünglich als Raum für Reflexion und Versöhnung gedacht, geriet zunehmend in einen politisch aufgeladenen Kontext, was seine Reichweite und Wirkung in der breiten Bevölkerung beschränkte.

Diese Entwicklung, die sowohl die Bedeutung als auch den Zweck des Friedensmals untergräbt, hat mich nicht nur aufgrund der direkten Auswirkungen auf das Projekt tief besorgt gemacht, sondern auch, weil sie Bedenkliches über den Zustand der Demokratie in unserem Land zeigt. Die Art und Weise, wie politische Diskussionen geführt und Meinungen polarisiert werden, weist auf tiefgreifende Probleme im gesellschaftlichen Diskurs in Deutschland hin. Die geschilderten Erfahrungen zeigten mir die Notwendigkeit einer Veränderung, um das Friedensmal von politischen Agenden zu distanzieren und seine universalen Werte zu stärken. Es wurde klar, dass das Friedensmal als inklusiver Ort für Frieden und Verbundenheit etabliert werden muss - frei von den polarisierenden Tendenzen der aktuellen politischen Diskussion.

Der Konflikt im Gazastreifen stellt eine zusätzliche Herausforderung dar, denn das Friedensmal war im Rahmen „50 Jahre Beziehungen zwischen Deutschland und Israel“ eingeweiht worden. Diese Situation und die begrenzte Unterstützung führten zur Entscheidung, das Friedensmal als ‚freie Kunst für den Frieden‘ neu zu definieren, unabhängig von spezifischen Gruppen, Religionen und Nationen. Ziel ist es, das ursprüngliche Anliegen des Friedensmals zu bewahren und es als Raum für Begegnungen und kulturellen Austausch zu festigen.

Entscheidungsprozess zur Weiterentwicklung

Die Weiterentwicklung des Friedensmal-Konzepts war das Resultat eines tiefgründigen Reflexionsprozesses, der durch mein Management-Studium und die Interaktion mit verschiedenen Organisationen beeinflusst wurde. Besonders die geringe Resonanz und der Mangel an Unterstützung, was sich selbst bei akademischen Kontakten zeigte, verdeutlichten die Notwendigkeit einer Veränderung. Dieser Prozess umfasste die Analyse, wie das Friedensmal in einer sich ständig wandelnden Welt weiterhin eine wirkungsvolle Rolle spielen kann. Es wurde offensichtlich, dass eine stärkere Fokussierung auf universelle, spirituelle Themen erforderlich war, um die ursprünglichen Ziele von Versöhnung und Frieden in einem weiter gefassten Kontext zu verfolgen. Somit stellt die Weiterentwicklung eine strategische Entscheidung dar, das Friedensmal als Ort der Begegnung und des Austauschs für ein breiteres Publikum zu öffnen.

Wichtig ist zu betonen, dass diese konzeptionelle Veränderung keine baulichen Veränderungen am Denkmal selbst mit sich bringt. Es geht vielmehr um eine erweiterte Interpretation und Präsentation in der Öffentlichkeit. Diese Weiterentwicklung des Projekts fokussiert nun darauf, universelle menschliche Werte und die Verbindung aller Seelen in den Vordergrund zu stellen, jenseits von politisierten Themen. Damit wird das Friedensmal zu einem universellen Treffpunkt, der Menschen über kulturelle und spirituelle Grenzen hinweg vereint.

Die neue Vision des Friedensmals

In diesem Kontext möchte ich zunächst eine Brücke zu einer früheren Idee schlagen. Die Vision des ‚Jerusalem Friedensmals‘, die so lange dieses Projekt beseelte, bleibt weiterhin ein essentieller Bestandteil meiner Arbeit. Trotz der evolutionären Entwicklung des Friedensmals und der veränderten Welt, in der wir leben, ist es mir wichtig, diese Ursprungsidee zu ehren. Auf dem kleinen Stück Land, das mir als Künstler zur Verfügung steht, werde ich daher am Waldrand einen kleinen besinnlichen Ort mit einer Bank schaffen: das ‚Traumreich‘, den ‚Dream Realm‘. Hier wird das „alte“ Schild ‚Jerusalem Friedensmal‘ wieder aufgestellt, um die Träume für eine bessere Zukunft lebendig zu halten und unser Bewusstsein dafür zu schärfen, uns vor den Machtillusionen weltlicher Reiche zu hüten. Dieser Raum soll ein Symbol dafür sein, dass Inspiration und Hoffnung immer ihren Platz in unserer Welt finden, auch wenn sich die Formen und Wege, wie wir diese Ideale umsetzen, ändern können. Das heißt also, dass es eigentlich das ‚Jerusalem Friedensmal’ nach wie vor gibt.

Die Entwicklung des Friedensmals reflektiert eine Reifung und Erweiterung seiner Perspektive, welche die ursprünglichen Konzepte vertieft und sie in einen globalen Zusammenhang stellt. Das macht das Friedensmal zum Symbol menschlicher Verbundenheit mit einer allgemein gültigen Friedensbotschaft, welche die Vielfalt menschlicher Erfahrungen und die unterschiedlichen Zugänge zur Spiritualität würdigt und feiert. Als „Friedensmal des Wandels“ wird es zu einem Zentrum der Begegnung für eine vielfältige Gemeinschaft, die im Geist des Friedens und des gegenseitigen Verständnisses zusammenkommt. Diese Erweiterung des Projekts schafft einen Raum, der verschiedene kulturelle und spirituelle Perspektiven umfasst und somit zu einem lebendigen Symbol der Hoffnung und Inspiration avanciert. Während die Botschaft des Friedensmals schon immer universal war, liegt der Fokus nun darauf, diese Universalität explizit in den Vordergrund zu stellen und sie stärker in der Kommunikation und Darstellung zu betonen. In Zeiten globaler Herausforderungen und Unsicherheiten sei das Friedensmal ein Beispiel für Harmonie und Einheit auf der Ebene gemeinsamer Menschlichkeit. Es bleibt darin nicht nur seinen schon früher vermittelten Werten treu, sondern ist auch ein Appell an die heutige Gesellschaft, aktiv an der Gestaltung einer friedlicheren, verständnisvolleren Welt mitzuwirken. Das Friedensmal erinnert uns daran, wie wichtig Orte des Dialogs und des Nachdenkens in unserer Zeit sind. Es steht als Symbol dafür, dass wahre Versöhnung und Frieden beginnen, wenn Menschen über persönliche und kulturelle Grenzen hinweg zusammenkommen, um in eine ehrliche und authentische Begegnung zu gehen.

Hoffnung und Ausblick

Die Weiterentwicklung des Friedensmals symbolisiert die Hoffnung auf eine Zukunft, in der sich verschiedene Kulturen, spirituelle Wege, Weltanschauungen und politische Ansichten im Dialog begegnen. Ziel ist es, das Friedensmal als einen Ort des Austausches und der Inspiration zu etablieren, wo Menschen verschiedener Lebenswelten in Frieden und Verständnis zusammenkommen. Das Friedensmal soll zeigen, wie Kunst, Kultur und Spiritualität zu einer tieferen Menschlichkeit und gegenseitiger Achtung beitragen kann.

Das Friedensmal repräsentiert nicht nur die Überwindung historischer Lasten durch eine gelebte Verantwortung, sondern auch die Entwicklung eines universellen Bewusstseins, das alle Kulturen und Glaubensrichtungen miteinbezieht. Es wird zu einer Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft und es stellt einen Ort der Reflexion dar, der zur aktiven Gestaltung einer friedlicheren Welt einlädt. Das Friedensmal als Inspirationsquelle soll intensiven kulturellen und spirituellen Dialog fördern und in einer konfliktreichen Welt Versöhnung und Verständigung unterstützen. Es wird zu einem dynamischen Gemeinschaftsprozess, der Liebe, Frieden und Freiheit in den Vordergrund stellt.

Dieses Projekt, das mit mir gewachsen ist, indem es meine eigenen Lebenserfahrungen und die Verarbeitung von Vergangenem widerspiegelt, bietet zugleich einen Vorschlag für unsere gesamte Gesellschaft. Es zeigt einen Weg auf, wie die Aufarbeitung von Traumata und die notwendige Transformation auf einer breiteren, gesellschaftlichen Ebene nachvollzogen werden können – hin zum Frieden, hin zu mehr Verständnis und Freiheit.

Das neue Konzept anerkennt auch die eigenen Grenzen und die Notwendigkeit, diese zu respektieren. In meiner Arbeit am Friedensmal engagiere ich mich oft bis an die Grenzen meiner Kapazität in einem Umfeld, das häufig herausfordernd und manchmal sogar feindselig ist. Die tragischen Schicksale von Freunden und Weggefährten wie Gunnar Kaiser und Justus Keller, die sich für unsere Gesellschaft aufopfern wollten, so sehr, dass es ihnen letztlich das Leben kostete, sind mir eine Mahnung. Sie zeigen auf, wie wichtig es ist, auf sich selbst zu achten und die Grenzen der eigenen körperlichen und seelischen Möglichkeiten nicht zu überschreiten, selbst bei größtem Engagement für eine gute Sache. Diese Einsicht hat mich veranlasst, mein Engagement im Friedensmal neu zu bewerten und einen Weg zu finden, der sowohl dem Projekt dient als auch meine Gesundheit und mein Wohlbefinden schützt. Dabei bin ich zu der Erkenntnis gelangt, dass Kunst nicht notwendigerweise eine Aufopferung erfordert, sondern vielmehr als ein Tanz im Geistigen verstanden werden kann. Dieser Tanz ermöglicht es, mit den Herausforderungen auf eine Weise umzugehen, die Entwicklung und Wachstum fördert, statt uns auszuzehren. So wird das Friedensmal zu einer Bühne, auf der dieser Tanz stattfinden kann – ein Ort, an dem kreative Energien freigesetzt und positive Veränderungen angestoßen werden.

Abschluss und Appell für die politische Verantwortung

Mein Dank gilt Ihnen für Ihr Interesse am Friedensmal. Ich appelliere an die politischen Entscheidungsträger, seine Bedeutung als zentralen Ort des Dialogs und der Begegnung zu erkennen und zu unterstützen. Das Friedensmal spielt eine entscheidende Rolle in der Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Ihre Unterstützung signalisiert Wertschätzung für die Idee und trägt zur Bildung von Brücken zwischen unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten und Kulturen bei.

Ich sehe der Fortsetzung des Dialogs entgegen und bin bereit, gemeinsam weitere Wege zu erkunden, durch die das Friedensmal unserer Gemeinschaft dienen kann. Ihre Unterstützung ist wesentlich, um dieses Denkmal als einen Ort des Friedens und der kulturellen Begegnung in einer sich wandelnden Welt weiter zu entwickeln und zu etablieren.

Mit freundlichen Grüßen,

Thomas Zieringer

https://friedensmal.de/